Kündigung wahrscheinlich wirksam: Suche nach Ersatzwohnung muss beginnen
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Auch eine sechsköpfige Familie in München muss zu dem Zeitpunkt, zu dem "völlig klar" ist, dass die Kündigung ihrer Wohnung wirksam ist, mit der Ersatzwohnungssuche intensiv beginnen. Tut sie es nicht, wird ihre Räumungsfrist dem LG München I zufolge nicht verlängert.

Einer kinderreichen Familie war 2020 die Wohnung wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens außerordentlich gekündigt worden. Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage Weihnachten 2021 stattgegeben und ihr eine zweimonatige Räumungsfrist gewährt. Auch die Berufung verlief für die Familie enttäuschend, obwohl die Frist zur Herausgabe der Wohnung bis Ende Januar 2023 verlängert wurde. Nach Erlass des Berufungsurteils im August 2022 begannen die Mieter, sich neuen Wohnraum zu suchen. Sie gaben an, sich bis Mitte Januar auf zehn Wohnungen beworben zu haben, aber ohne Erfolg. Deshalb beantragten sie weitere sechs Monate für die Beschaffung neuen Wohnraums. Das Landgericht München I lehnte ab.

LG: Suchbeginn, wenn Wirksamkeit der Kündigung "auf der Hand liegt"

Ab wann gekündigte Mieterinnen und Mieter gehalten seien, sich neuen Wohnraum zu suchen, sei im Rahmen der Räumungsfristverlängerung nach § 721 Abs. 3 ZPO zwar umstritten. Das LG München I hat es aber abgelehnt diese Obliegenheit, erst mit Rechtskraft des Urteils beginnen zu lassen – in vielen Fällen laufe die Obliegenheit ansonsten leer. Vielmehr sei auf den Einzelfall abzustellen, um zu beurteilen, ab wann die jeweiligen Mieterinnen und Mieter ernstlich damit rechnen müssten, zur Räumung verurteilt zu werden. Oft entstehe die Pflicht bereits mit Erhalt der Kündigung – etwa wegen Zahlungsverzugs. Dann könne man nicht mehr "unbekümmert auf die Abweisung der Räumungsklage hoffen".  Hier wäre, so die Kammer, nach Zustellung des erstinstanzlichen Räumungsurteils Anlass gewesen, sich auf die Suche zu machen.

Im Übrigen bestritt das Gericht, dass die Mieter "intensiv" gesucht hätten. Die Bewerbungen auf zehn Wohnungen bislang – also zwei pro Monat – sei nicht als intensiv zu bezeichnen. Das Argument, dass es wenige freie Wohnungen auf dem Markt gebe, vor allem für große Familien, konnte das LG nicht überzeugen. 

zu LG München I, Beschluss vom 08.02.2023 - 14 T 1361/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 21. Sep 2023.