Ärzte-Siegel als irreführend beanstandet
Einmal im Jahr erscheint im "Focus Gesundheit" eine "Ärzteliste". Gegen eine zu bezahlende Lizenz in Höhe von rund 2.000 Euro erhalten Ärzte ein Siegel unter der Rubrik "Focus Empfehlung", das sie dann für Werbung nutzen können. Ein Verbraucherschutzverband klagte auf Unterlassung der Verleihung und Publizierung der Ärzte-Siegel "Top Mediziner" und "Focus Empfehlung", da diese Siegel irreführend seien.
LG: Aufmachung als Prüfzeichen erweckt falsche Verbrauchererwartung
Das LG hat der Klage stattgegeben. Der Verlag verstoße mit der Vergabe der Siegel gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot. Die vom Verlag gegen Bezahlung einer nicht unerheblichen Lizenzgebühr vergebenen Siegel hätten die Aufmachung eines Prüfzeichens, ähnlich wie zum Beispiel Prüfsiegel der Stiftung Warentest. Es werde daher bei den angesprochenen Verkehrskreisen der fälschliche Eindruck erweckt, dass mit einem Siegel versehenen Ärzte aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden seien. Nach der Lebenserfahrung habe der Hinweis auf ein Prüfzeichen für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers eine erhebliche Bedeutung. Der Verbraucher erwarte, dass ein mit einem Prüfzeichen versehenes Produkt oder eine Dienstleistung von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft wurde und bestimmte, von ihm für die Güte und Brauchbarkeit der Ware als wesentlich angesehener Eigenschaften aufweise. Tatsächlich sei es aber so, dass sich die Qualität ärztlicher Dienstleistungen nicht mit Messgeräten im Testlabor ermitteln und vergleichen lasse. Vielmehr seien unter den Kriterien, die bei den Empfehlungslisten berücksichtigt würden, auch ausschließlich subjektiv basierte, etwa die Kollegenempfehlung oder die Patientenzufriedenheit.
Kein Schutz durch Pressefreiheit
Der Verlag könne auch nicht damit gehört werden, die Lizenzierung der Siegel sei ein unselbständiger, nachgelagerter Akt der Ärztelisten, der ebenfalls von der Pressefreiheit umfasst sei. Der Fall unterscheide sich grundlegend von dem der BVerfG-Entscheidung zu Anwaltsrankinglisten im Juve-Handbuch. Im vorliegenden Fall ergebe sich die Wettbewerbswidrigkeit der Prüfsiegel daraus, dass in irreführender Weise der Bereich des redaktionellen, wertenden Beitrags verlassen und der Eindruck erweckt werde, es finde eine Bewertung nach objektiven Kriterien statt. Hinzu komme, dass Medien zwar regelmäßig darauf angewiesen seien, sich durch Anzeigen zu finanzieren, nicht jedoch durch die Vergabe von Prüfsiegeln gegen ein nicht unerhebliches Entgelt. Dies sei eine unübliche, nicht zwingend erforderliche Art der Finanzierung redaktioneller Beiträge.