LG München I: Ex-Bundesinnenminister Schily siegt im Streit um Äußerung von Grünen-Parteichef Özdemir zu NSU-Anschlag

Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, darf künftig im Zusammenhang mit dem Nagelbomben-Anschlag vom 09.06.2004 in der Kölner Keupstraße nicht mehr behaupten, der damalige Bundesinnenminister Otto Schily habe bereits einen Tag nach dem Anschlag einen terroristischen Hintergrund ausgeschlossen. Dies hat das Landgericht München I mit Urteil vom 25.10.2017 entschieden und einer Unterlassungsklage Schilys stattgegeben. Özdemir hatte dies in einerm Vorwort zu einem Buch über den NSU-Anschlag behauptet (Az.: 25 O 4233/17).

Schily hatte gegenüber Presse vorläufige Einschätzung abgegeben

Am 09.06.2004 gab es in Köln in der Keupstrasse ein Nagelbomben-Anschlag, der nach übereinstimmender Meinung des Klägers und des Beklagten durch den NSU verübt wurde. Der Kläger erklärte am 10.06.2004 am Rande einer Pressekonferenz auf die Frage eines Journalisten zu diesem Anschlag wörtlich vor laufender Kamera: “Die Erkenntnisse, die unsere Sicherheitsbehörden bisher gewonnen haben, deuten nicht auf einen terroristischen Hintergrund, sondern auf ein kriminelles Milieu, aber die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass ich eine abschließende Beurteilung dieser Ereignisse jetzt nicht vornehmen kann." Diese Äußerung wurde am Abend des 10.06.2004 in der 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" ausgestrahlt. Eine weitere öffentliche Stellungnahme gab der Kläger zu diesem Thema am 10.06.2004 nicht ab.

Streit um Vorwort von Özdemir

Am 27.10.2016 wurde im P. Verlag ein Taschenbuch veröffentlicht. Cem Özdemir verfasste ein Vorwort zu diesem Buch, in dem es hinsichtlich des Nagelbomben-Anschlags vom 09.06.2004 unter anderem heißt: "Ein terroristischer Hintergrund wurde dagegen bereits einen Tag nach dem Anschlag ausgeschlossen - von keinem Geringeren als dem damaligen Bundesinnenminister Otto Schily.“

LG: Äußerung erweckt falschen Eindruck abschließender Fehleinschätzung

Das LG hat einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Unterlassen seiner Äußerung im Vorwort bejaht. Denn diese verletze den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Durch die Äußerung des Beklagten werde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Kläger habe seinerzeit als Bundesinnenminister vorschnell eine abschließende Fehleinschätzung kundgetan. Nach dem Wortlaut der Äußerung des Klägers sei jedoch eindeutig gewesen, dass der Kläger am 10.06.2004 nur eine vorläufige Einschätzung abgegeben habe, die einen terroristischen Hintergrund der Straftat gerade nicht ausgeschlossen habe. Laut LG konnte die tatsächliche Äußerung des Klägers einen Tag nach dem Anschlag demnach nicht so verstanden werden, dass dieser einen terroristischen Hintergrund endgültig verneint habe.

LG München I, Urteil vom 25.10.2017 - 25 O 4233/17

Redaktion beck-aktuell, 26. Oktober 2017.