LG München I: Qualcomm kann in Patent-Streit Verkauf älterer iPhones unterbinden

Im Patentkonflikt mit Apple kann der Chipkonzern Qualcomm einen Erfolg verzeichnen. Das Landgericht München I hat am 20.12.2018 in zwei Verfahren die Apple Inc. nebst Tochterunternehmen Apple Distribution International ULC mit Sitz in Irland und der Betreiberin der physischen Retail Stores in Deutschland wegen der Verletzung eines Europäischen Patents zur Stromversorgung für elektrische Verstärker verurteilt. Durch die Urteile ist faktisch unter anderem das Anbieten und Inverkehrbringen von nicht lizenzierten Ausführungsformen in Deutschland verboten, also auch der Verkauf. Wie das Gericht mitteilte, sind davon jedenfalls die iPhones 7, 7plus, 8, 8plus und X betroffen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, allerdings nur gegen eine hohe Sicherheitsleistung (Az.: 7 O 10495/17 und 7 O 10496/17).

Zeugen durften nicht gehört werden

Maßgeblich für die Patentverletzung sei ein Chip eines Zulieferers der Beklagtenseite, der in den vorgenannten iPhone-Modellen verbaut ist. Wie der Chip tatsächlich funktioniert, war zwar zwischen den Parteien streitig, nach Auffassung der Zivilkammer aus zivilprozessualen Gründen gleichwohl nicht aufzuklären. Die Kammer hatte nach Angaben des Gerichts ihrer Entscheidung vielmehr aus prozessualen Gründen zugrunde zu legen, dass der Chip so funktioniert, wie die Klägerin es behauptet. Daher hätten weder Zeugen gehört werden dürfen, die zum letzten Termin – ohne Ladung des Gerichts – von der Beklagtenseite mitgebracht worden waren, noch habe das LG die Schaltpläne des angegriffenen Chips näher untersuchen lassen dürfen.

Experte bestätigte Kammer in ihrem technischen Verständnis

Bei Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Funktionsweise sei das Klagepatent verletzt, insbesondere die drei Voraussetzungen ("Merkmale"), die zwischen den Parteien streitig waren. Weil der Sachvortrag der Parteien technisch sehr komplex sei, habe sich das Gericht im letzten Termin am 8.11.2018 von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen unterstützen lassen. Er habe die Kammer in ihrem technischen Verständnis bestätigt.

LG verneint Kartellrechtsverletzung

Das Gericht hat in den Klagen keine Kartellrechtsverletzung erkannt, insbesondere keinen Verstoß gegen die Entscheidung der EU-Kommission Case AT.40220. Auch die Berufung der Beklagtenseite auf bestehende Lizenzierungen ihrer Zulieferer hatte keinen Erfolg. Ebenso wenig folgte die Kammer der Beklagtenseite in ihren Aussetzungsanträgen wegen unter anderem eines Einspruchsverfahrens gegen das Patent. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung

Die Klägerin darf aus den Urteilen nach Leistung einer Sicherheit in Höhe von jeweils 668,4 Millionen Euro auch vor Rechtskraft der Urteile gegen die Beklagtenseite vorgehen ("vorläufige Vollstreckbarkeit"). Ob die Klägerin diese Sicherheiten leistet und vorläufig vollstreckt, entscheidet die Klägerin ohne weitere Mitwirkung des LG München I. Die Sicherheitsleistung sei in beiden Verfahren relativ hoch ausgefallen, weil die Beklagtenseite dargelegt habe, wegen der Rückruf- und Vernichtungsansprüche sowie des Verkaufsverbots hohe Einbußen an (vergangenem und künftigem) Umsatz zu erleiden.

Weitere Entscheidungen Ende Januar

Zwischen denselben Parteien ergingen am 11.10.2018 zwei klageabweisende Urteile (führendes Az.: 7 O 14453/17). Vor dem LG München I werden im März 2019 zwei weitere Verfahren der Klägerin gegen die Beklagtenseite wegen der behaupteten Verletzung eines Europäischen Patents verhandelt (führendes Az.: 7 O 7358/18). Verkündungstermine in acht weiteren Fällen wurden mit Beschluss vom 20.12.2018 auf den 31.01.2019 verschoben (führendes Az.: 7 O 14454/17).

LG München I, Urteil vom 20.12.2018 - 7 O 10495/17

Redaktion beck-aktuell, 21. Dezember 2018.