LG München I verhängt Haftstrafen für Betrug beim Online-Dating

Wegen millionenschweren Betrugs beim Online-Dating hat das Landgericht München I mehrjährige Haftstrafen gegen drei Angeklagte ausgesprochen. Ein Deutscher wurde am 11.10.2018 zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, ein Nigerianer zu zwei Jahren und sechs Monaten und ein Ghanaer zu drei Jahren und zwei Monaten Jugendhaft.

Nutzer mit falschen Profilen getäuscht

Die drei haben gestanden, zusammen mit weiteren Tätern zahlreiche Nutzer von Dating-Plattformen im Internet mit falschen Profilen getäuscht und um viel Geld geprellt zu haben. Insgesamt kam mehr als eine Million Euro Beute zusammen. Die Angeklagten wurden auch zu erheblichen Entschädigungszahlungen von insgesamt mehr als 270.000 Euro an die Opfer verurteilt.

Verteidiger forderten milde Urteile

Mit seinen Urteilen blieb das Gericht leicht unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die vier Jahre Haft beziehungsweise zwei Jahre und neun Monate Haft sowie drei Jahre und vier Monate Jugendhaft gefordert hatte. Die Verteidiger der drei Angeklagten hatten geringere Strafen und milde Urteile beantragt.

"Love Scamming"

Die fiese Masche hat einen Namen: "Love Scamming". Vor allem ältere Internetnutzer fallen immer wieder darauf herein. Sie freunden sich über längere Zeit mit ihrem Gegenüber an und werden schließlich um Geld gebeten. Eine britische Studie der Universitäten Leicester und Westminster aus dem Jahr 2013 hat herausgefunden, dass damals schon seit 2007 insgesamt 230.000 Menschen in Großbritannien Opfer der Masche wurden. Und das war noch vor dem Online-Dating-Boom dank Apps wie Tinder und Co. Wie viele Frauen und Männer bayern- oder bundesweit zu Opfern dieser Betrugsmasche werden, ist unklar. Das Bundeskriminalamt (BKA) und auch das bayerische Landeskriminalamt (LKA) erheben nur Zahlen zum Online-Betrug allgemein. In Sachsen hat das LKA dagegen gezählt und kommt im vergangenen Jahr auf 181 Fälle. Nach Angaben der bayerischen Polizei dürfte die Dunkelziffer in jedem Fall sehr viel höher liegen, weil viele Opfer sich schämten.

60 Geschädigte wurden ermittelt

Scham bestimmt vor Gericht in München auch die Aussage einer 62-Jährigen aus Sachsen-Anhalt, die auf "Thomas Fischer", der in Wirklichkeit nicht existiert, hereingefallen ist und ihre Tränen vor Gericht nicht zurückhalten kann. 20.000 Euro hat sie an die vermeintliche Internet-Liebe überwiesen, für 15.000 davon hat sie einen Kredit aufgenommen - gegen den Rat ihrer Bank, gegen den Rat von Freunden. "Man wollte das eben nicht glauben", sagt sie. "Naja, wie man so dumm ist. Man hat 'ne rosarote Brille auf." 60 Geschädigte haben die Ermittler allein in dem Verfahren in München ermittelt, 18 Fälle - auch aus den USA, Großbritannien, Schweden, der Schweiz und Österreich - kamen zur Anklage. Den größten Teil der Million, um die es im Prozess geht, zahlte laut Anklage eine Frau aus Starnberg, die auf einer Plattform einen vermeintlichen US-Soldaten namens Thomas Stabler kennenlernte. Sie überwies 380.900 Euro, einem angeblichen Anwalt gab sie im Hotel Bayerischer Hof in München zusätzlich noch 128.000 Euro in bar.

Betrüger appellieren an Bedürfnis geliebt zu werden

"Die spielen mit der Sehnsucht nach Partnerschaft und Liebe", sagt Alexandra Langbein, Sprecherin von singleboersenvergleich.de, über die Lovescam-Betrüger. Die Vorgehensweise sei immer gleich, die Fake-Profile ähnelten sich. "Es ist immer jemand von Rang und Namen, ein Offizier der US-Armee zum Beispiel." Vor allem Frauen "ab 40 aufwärts" fielen auf die Masche herein. Oft gehe es um Gold und Diamanten und Geld, das für den Zoll benötigt werde. Die Opfer würden über Wochen und Monate in Gespräche verwickelt, bis sie so "in love" seien, dass sie hohe Geldbeträge an jemanden überweisen, den sie nie gesehen haben. "Der Schreiberling, der dahintersteckt, hat so viele psychologische Kniffe, macht Komplimente. Er appelliert an das Grundbedürfnis des Menschen, geliebt zu werden."

"Immer den Kopf einschalten."

"Das Phänomen gibt es schon seit langem in verschiedenen Varianten", sagt ein Polizeibeamter vor Gericht. "Der Ursprung geht immer von Afrika aus", sagt er. "Da gibt es regelrechte Zentralen, in denen 100 Leute nichts anderes machen, als die Dating-Portale zu durchsuchen." In der Regel treffe es gut situierte Menschen. Große Plattformen wie lovescout24.de, die Geld von ihren Mitgliedern nehmen, haben inzwischen Mitarbeiter darauf angesetzt, Fake-Profile so schnell wie möglich zu enttarnen, um ihre Mitglieder zu schützen. "Wir bieten auf diese Weise die größtmögliche Sicherheit - eine 100-prozentige Sicherheit kann es aber nicht geben", sagte eine Sprecherin des Portals. Langbein sagt, für die Nutzer gelte darum: "Immer den Kopf einschalten."

LG München I, Urteil vom 11.10.2018

Redaktion beck-aktuell, 12. Oktober 2018 (dpa).

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