Körperverletzung an Ex-Freundin strafverschärfend bestätigt
Das AG hatte damals wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30.000 Euro verhängt. Das LG reduzierte nun zwar die Tagessatzhöhe auf 10.000 Euro und somit im Ergebnis die Strafe auf 1,2 Millionen Euro. Dabei verdoppelte es aber die Anzahl der Tagessätze auf 120. "Für uns ist der Sachverhalt mehr als nachgewiesen", sagt Richter Forstner in seiner Urteilsbegründung. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass Boateng seine damalige Partnerin in einem gemeinsamen Karibik-Urlaub 2018 geschlagen, verletzt und beleidigt hat - und dass im Streit um ein Kartenspiel auch ein Windlicht in ihre Richtung flog. Verurteilt wird Boateng nun sogar in zwei Fällen wegen Körperverletzung, in erster Instanz nur in einem Fall. Das Urteil ist wohl ein völlig anderes als das, das Boateng und seine Verteidiger sich erhofft hatten. Die Anwälte hatten einen Freispruch beantragt. Sie gingen vor Gericht davon aus, dass seine Ex-Freundin die Vorwürfe "im Kampf um die Kinder" erfunden und "instrumentalisiert" hat, und beklagten eine Vorverurteilung ihres Mandanten.
Nebenklage spricht von Kampf "David gegen Goliath"
Boateng sei jemand, "der eigentlich schon verurteilt war, bevor er morgens aufgestanden ist", sagt sein Anwalt Peter Zuriel in seinem Schlussplädoyer. "Eine prominente Person kann sich nicht in derselben Weise verteidigen, wie es ein 0815-Mensch tun würde." Sein Kollege Norman Nathan Gelbart spricht von mutmaßlichen Widersprüchen in der Aussage von Boatengs Ex-Freundin: "In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten", sagt er. Richter Forstner erwidert: "Für uns gibt es keine dubios und darum gibt es auch nichts pro reo." Nach dem Urteil äußern die Verteidiger sich nicht mehr. Dafür spricht die Anwältin von Boatengs Ex-Freundin, die in dem Verfahren als Nebenklägerin aufgetreten ist. Sie spricht von einer "guten Entscheidung" und von einem Kampf "David gegen Goliath", den ihre Mandantin gegen den reichen und berühmten Ex-Freund habe kämpfen müssen. Sie hatte sich den Anträgen der Staatsanwaltschaft angeschlossen, die eine Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren und zusätzlich eine Geldauflage von 1,5 Millionen Euro gefordert hatte.
Staatsanwältin hält Vorfall nur für "Spitze des Eisberges"
Der Vorfall im karibischen Luxusresort sei wohl "nur die Spitze des Eisberges", sagt Staatsanwältin Stefanie Eckert in ihrem Schlussvortrag und spricht von einer von Gewalt geprägten Beziehung zwischen Boateng und seiner Ex-Partnerin. Eckert kritisiert auch die Verteidigung des Fußballers. Seine Anwälte hätten im Verfahren "Dreck über die Geschädigte geworfen", sagt die Staatsanwältin. Boatengs Verteidiger hatten vor den Plädoyers betont, dass sich die finanziellen Verhältnisse ihres Mandanten geändert hätten. Werbepartner hätten Verträge mit Boateng - zum Beispiel für Brillenwerbung - gekündigt. Darum habe er derzeit nur das Einkommen von Olympique Lyon, wo er unter Vertrag steht. Das seien etwas mehr als 240.000 Euro netto im Monat, davon gingen aber noch Unterhaltskosten für seine drei Kinder ab. Allein für die elfjährigen Zwillingstöchter Boatengs berechneten die Anwälte Unterhaltskosten von 5.000 Euro im Monat pro Kind.
Richter rät von Revisionseinlegung ab: "Verteidigung ist am Ende"
Boatengs Verteidiger hatten alles darangesetzt, den Prozess noch nicht am dritten Tag enden zu lassen, stellten einen Beweisantrag nach dem anderen - und sogar einen Befangenheitsantrag gegen Richter Forstner. Der erreichte sein Ziel, das Verfahren am selben Tag abzuschließen, Stunden später als erhofft. Boateng hat noch die Möglichkeit, das Urteil mit einer Revision zum Bayerischen Obersten Gericht anzufechten, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Richter Forstner sagt dem Angeklagten, er solle sich das gut überlegen. "Irgendwann ist halt auch die Verteidigung mal am Ende", sagte er bereits im Laufe des langen Gerichtstages irgendwann. "Das weiß der Herr Boateng als Verteidiger wahrscheinlich auch ganz gut."