Der frühere Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm hat einen Sieg gegen das ZDF errungen. Die 26. Zivilkammer des LG München I gab seiner Klage gegen den Sender am Donnerstag überwiegend statt und untersagte dem ZDF die Verbreitung und Behauptung vier konkreter Äußerungen, die der Satiriker Jan Böhmermann im Oktober 2022 in seiner Sendung "ZDF Magazin Royale" getätigt hatte (Urteil vom 19.12.2024 - 26 O 12612/23).
Böhmermann hatte in der Sendung Schönbohm und die mutmaßlichen Kontakte des von ihm mitbegründeten Vereins "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" zu russischen Geheimdiensten thematisiert und dabei den BSI-Chef selbst als Sicherheitsrisiko für Deutschlands IT-Infrastruktur dargestellt. Nach der Ausstrahlung hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Schönbohm suspendiert und ihn zur Akademie für öffentliche Verwaltung versetzt. Im Nachgang wurde der Beamte jedoch durch ein von ihm selbst initiiertes Disziplinarverfahren entlastet. Weil er seinen Job und seinen Ruf verloren hatte, verklagte er jedoch das ZDF und forderte, fünf Aussagen mit Vorwürfen gegen ihn zu unterlassen. Außerdem beantragte er eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens 100.000 Euro.
Das ZDF hatte dem im Verfahren entgegnet, man habe Schönbohm in der Sendung keine bewussten Kontakte nach Russland unterstellt und lediglich satirisch zugespitzte Kritik an ihm selbst und dem BSI geübt. Dass mit Uneindeutigkeiten gespielt werde, um Widersprüche in der Argumentation des anderen aufzudecken, sei ein typisches und zulässiges Stilmittel in der Satire.
Unterlassung ja, Entschädigung nein
Das LG pflichtete Schönbohm nun jedoch in vier von fünf Fällen bei und untersagte dem ZDF die Verbreitung der betreffenden Äußerungen aus Böhmermanns Sendung, die man als unwahre Tatsachenbehauptungen einordnete. Demnach habe der Satiriker unzutreffend den Eindruck erweckt, Schönbohm habe bewusst Kontakt mit Nachrichtendiensten aus Russland unterhalten.
Die Kammer stellte dabei klar, dass auch eine satirische Äußerung an den Maßstäben der Meinungsfreiheit zu messen sei, wenn es um den Tatsachenkern einer Aussage gehe. Dementsprechend müsse man zwar einen großzügigen Maßstab anlegen, wenn man Äußerungen untersage. Die Grenze, so das Gericht, sei jedoch erreicht, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persönlichkeitsrecht verletzende Tatsachenbehauptung darstelle. Lediglich eine der von Schönbohm angegriffenen Äußerungen ließ das LG bestehen, da es sich hier um eine satirisch zugespitzte Meinungsäußerung und gerade nicht um eine Tatsachenbehauptung handele. Diese sei unter Abwägung der konkreten Umstände zulässig.
Die verlangte Geldentschädigung bekommt Schönbohm dagegen nicht, entschied die Kammer. Zum einen könnten die in der Sendung getätigten Äußerungen auch anders gedeutet werden, außerdem habe Schönbohm selbst nicht versucht, sie auf anderem Weg zu verhindern, etwa indem er frühzeitig einen Unterlassungsanspruch oder einen Anspruch auf Richtigstellung geltend gemacht hätte. Eine Geldentschädigung komme bei Ansprüchen gegen die Presse aber nur als "ultima ratio" in Betracht.
Medienrechtler: Stimmungsmache genießt geringen Schutz
"Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist bei der Abwägung das Gewicht der Meinungsfreiheit gering anzusetzen, wenn es primär um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen i. S. e. medialen Skandalisierung geht" ordnet Jörn Claßen, Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Brost Claßen, die Entscheidung gegenüber beck-aktuell ein. "Genau hierum ging es in der 'ZDF Magazin Royale'-Sendung. Schönbohm sollte auf der Grundlage haltloser Vorwürfe gezielt in Verruf gebracht werden. Dabei hat die Redaktion offenbar mehr Energie in die satirische Inszenierung gesteckt als in eine ordentliche Recherche." Da sich der zentrale Vorwurf, Schönbohm unterhalte bewusst Kontakte zu russischen Geheimdiensten, als falsch erwiesen habe, sei es folgerichtig, dass das LG die Abwägungsentscheidung zugunsten des früheren BSI-Chefs vorgenommen habe, so Claßen. Angesichts der schwerwiegenden Folgen für Schönbohm hätte er auch eine Geldentschädigung durch das ZDF für vertretbar gehalten.*
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Schönbohm forderte danach in einer Stellungnahme, die sein Anwalt Markus Hennig verbreitete, personelle Konsequenzen beim ZDF. "Mit völlig haltlosen Vorwürfen hat Jan Böhmermann meine Integrität zerstört, ebenso irreparabel meine Karriere", sagte er und sprach von einer "medialen Hinrichtung". Das ZDF äußerte sich zunächst nicht zu dem Urteil, kündigte aber eine Stellungnahme an.
*Anm. d. Red.: Statement ergänzt am Tag der Veröffentlichung, 17.32 Uhr, mam