Fernunterricht: Nicht nur Verbraucher geschützt

Darf man einfach ein Online-Coaching anbieten und gilt das Fernunterrichtsschutzgesetz nur für Verbraucher oder auch für Bildungswillige, die sich mithilfe des angebotenen Online-Kurses eine Existenz aufbauen wollen? Dazu hat das LG München I eine Entscheidung getroffen.

Das Gericht hat die Betreiberin einer Plattform für Online-Coaching dazu verurteilt, 1.500 Euro an eine Kundin zurückzuzahlen. Zudem hat es festgestellt, dass der zwischen der Kundin und der Anbieterin geschlossene Vertrag nichtig ist. Der Plattformbetreiberin fehle schon die erforderliche Zulassung. Sie habe daher keinen Fernunterricht anbieten dürfen (Urteil vom 15.01.2025 – 44 O 16944/23, nicht rechtskräftig).

Die Kundin gab an, in den sozialen Medien auf den Fernkurs zum Thema "Kryptowährung" aufmerksam geworden zu sein. Sie habe dann online mit dem Coach verhandelt, der sich als Finanzexperte präsentiert und sie schließlich überrumpelt habe. Bei Vertragsabschluss war die Kundin erwerbslos. Sie klagte mit dem Ziel, nicht mehr an den Vertrag gebunden zu sein.

Die Plattformbetreiberin trat dem entgegen: Der Vertrag sei wirksam. Das Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht (FernUSG) und die dort geregelten Schutzmechanismen seien hier nicht anwendbar. Die Kundin habe den Vertrag als Existenzgründerin geschlossen und sei daher wie eine Unternehmerin nach § 14 BGB zu behandeln. Auch habe sie aktiv auf ihr Widerrufsrecht verzichtet.

Das LG erwiderte, die Kundin sei beim Bestellprozess wahrscheinlich schon nicht ausreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Selbst wenn sie bei Vertragsschluss als Existenzgründerin gehandelt habe, sei der Vertrag jedoch bereits nach § 7 FernUSG nichtig: Die Plattformbetreiberin habe der Frau Fernunterricht angeboten, ohne über die hierfür nach § 12 Abs. 1 FernUSG erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Das FernUSG sei hier auch anwendbar.

Kundin war schutzbedürftig

Der Schutzzweck des Gesetzes spricht für das LG dafür, es auch auf Personengruppen anzuwenden, die keine Verbraucher sind. Geschützt werden solle allgemein vor Anbietern, die nicht durch eine staatliche Stelle geprüft wurden und deren Qualität der Bildungswillige schon angesichts der räumlichen Distanz schlechter prüfen kann als bei einer Bildungsmaßnahme in Präsenz.

Als sie den Vertrag über den Onlinekurs abgeschlossen habe, sei die Kundin erwerbslos und in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation gewesen. Selbst wenn unterstellt werde, dass sie sich mit der angebotenen Bildungsmaßnahme eine Existenz im Bereich E-Commerce habe aufbauen wollen, sei ihre Schutzbedürftigkeit nicht wesentlich geringer gewesen als die eines Verbrauchers i.S.d. § 13 BGB.

Damit habe die Klage ganz überwiegend Erfolg. Lediglich hinsichtlich eines von der Kundin geforderten immateriellen Schadensersatzes für den behaupteten Kontrollverlust über ihre Daten im Rahmen des Bestellvorgangs hat das LG München I sie abgewiesen.

Das FernUSG regelt in Deutschland Rechte und Pflichten der Anbieter und Teilnehmer beim Fernunterricht. Das Gesetz bestimmt unter anderem, dass Fernlehrgänge einer staatlichen Zulassung bedürfen, und definiert umfassende Informations- und Vertragspflichten für zulassungspflichtige Fernlehrgänge.

LG München I, Urteil vom 15.01.2025 - 44 O 16944/23

Redaktion beck-aktuell, zav, 15. Januar 2025.

Mehr zum Thema