Gericht konnte keinen gezielten Angriff auf Journalisten feststellen
Das Gericht habe nicht feststellen können, dass es sich bei der Tat um einen gezielten Angriff auf Journalisten gehandelt habe, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung. Im Zuge der Hauptverhandlung habe sich nicht klar ergeben, dass die Angeklagten die beiden Angegriffenen als Pressevertreter erkannt hätten. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass die Angeklagten die Journalisten als Angehörige der linken Szene identifiziert hätten. Dafür spreche unter anderem, dass die Angeklagten die Angegriffenen während des Übergriffs als "Zecken" bezeichnet hätten. Nach den Feststellungen des Gerichts attackierten die beiden heute 23 und 28 Jahre alten Angeklagten die Journalisten unter anderem mit einem Schraubenschlüssel, mit einem Baseballschläger und einem Messer und verletzten sie dabei schwer. Der Stich mit dem Messer in das Bein eines Journalisten sei sogar "abstrakt lebensgefährlich" gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin. Dieser Stich sei dem Mann aber durch den jüngeren der beiden Angeklagten beigebracht worden, bei dem noch Jugendstrafrecht anzuwenden gewesen sei, weil er zum Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt gewesen sei, hieß es.
Staatsanwaltschaft forderte Freiheitsstrafen - Angeklagte beriefen sich auf Notwehr
Die Staatsanwaltschaft hatte für den jüngeren der beiden Angeklagten eine Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, gefordert. Für den älteren der beiden Angeklagten plädierte der zuständige Staatsanwalt auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Die Angeklagten wiederum hatten zum Beginn des Prozesses erklärt, es sei zwar richtig, dass es eine körperliche Auseinandersetzung zwischen ihnen und den Journalisten gegeben habe. Allerdings hätten sie dabei in einer Art Notwehr gehandelt.
Entscheidung sorgte für Kritik
Die nunmehr ergangene Entscheidung des Landgerichts sorgte für Kritik. Einer der Journalisten verließ aus Protest gegen das Urteil und dessen Begründung noch während der Ausführungen der Vorsitzenden Richterin den Saal. "Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist bis auf die Grundmauern erschüttert", sagte er später. Das Urteil sei ein Freifahrtschein für Rechtsextreme für weitere Angriffe auf Journalisten. Beide Journalisten waren im Prozess als Nebenkläger aufgetreten. Der Nebenklage-Anwalt Sven Adam sagte, selbst wenn man unterstelle, dass die Angeklagten der Überzeugung gewesen seien, politische Gegner und keine Pressevertreter anzugreifen, sei das Urteil noch immer viel zu milde. Das Urteil verharmlose eine Gewalttat und sei "entsetzlich".
Journalistenverband fürchtet Freifahrtschein für Rechtsextreme
Die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes Thüringen, Heidje Beutel, sagte, sie befürchte durch das Urteil "eine Signalwirkung in die völlig falsche Richtung". "Die Tat von Fretterode war nicht nur ein Angriff auf die Journalisten, sondern ein gezielter Einschüchterungsversuch mit dem Ziel, Berichterstattung zu unterbinden." Der Prozess hatte im September 2021 begonnen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl von Seiten der Staatsanwaltschaft als auch von Seiten der Nebenklage hieß es, man werde Rechtsmittel gegen die Entscheidung prüfen.