Verein darf Frauen bei Brauchtums-Fischen nicht ausschließen

Im Streit um den Ausschluss von Frauen bei einem Brauchtums-Fischen im Allgäu haben die Veranstalter vor Gericht eine weitere Niederlage erlitten. Der Verein, der in Memmingen den jährlichen Fischertag veranstaltet, muss weibliche Mitglieder am Höhepunkt des Fests, dem Ausfischen des Stadtbachs, teilnehmen lassen, urteilte das Memminger Landgericht am Mittwoch. Bislang war dies laut Satzung Männern vorbehalten. Dagegen hatte eine Frau vor dem Memminger Amtsgericht geklagt und gewonnen, der Fischertagsverein hatte Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Fischertagsverein verweist auf alte Tradition

Beim Fischertag springen die Teilnehmer jedes Jahr im Sommer in den Memminger Stadtbach und holen Forellen aus dem Wasser. Wer den größten Fisch fängt, wird Fischerkönig. Nach Angaben des Fischertagsvereins ist diese Tradition zur Reinigung des Kanals bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen.

Abwägung: Vereinsfreiheit oder Gleichbehandlung

Das Urteil des LG könnte wegweisend für Männerbastionen bei Vereinsveranstaltungen sein. Bei der Entscheidung ging es darum, welches Grundrecht Vorrang hat: Vereinsfreiheit oder Gleichbehandlung. Das Gericht musste bei seiner Abwägung mehrere Fragen einbeziehen: Hat der Fischertagsverein eine Monopolstellung in der Stadt? Hat er einen ausreichenden Grund dafür, Frauen vom Ausfischen auszuschließen – zum Beispiel wegen der exakten Darstellung eines historischen Ereignisses? Und ist das höchstens 45 Minuten lange Ritual wirklich so wichtig, dass die Klägerin daran teilnehmen dürfen muss? Das LG entschied zugunsten der Gleichbehandlung.

Verhärtete Fronten – Revision zugelassen

Die Fronten im Memminger Streit sind verhärtet: Bei der mündlichen Verhandlung lehnten beide Parteien eine gütliche Einigung ab. Nachdem das LG bereits angekündigt hat, die Revision gegen sein Urteil zuzulassen, könnte das Verfahren weitergehen. Der Fischertagsverein will nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag darüber entscheiden, ob er gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeht.

Redaktion beck-aktuell, 28. Juli 2021 (dpa).