Kom­mer­zi­el­les Un­ter­neh­men darf sich nicht "Ver­band" nen­nen

Auf An­trag der Wett­be­werbs­zen­tra­le hat das Land­ge­richt Mainz einem ge­winn­ori­en­tier­ten Un­ter­neh­men ver­bo­ten, sich als "Ver­band" oder "Ver­band Pfle­ge­hil­fe" zu be­zeich­nen. Mit einem "Ver­band" ver­bin­de man die Vor­stel­lung von einer Ver­ei­ni­gung, die eine ge­mein­sa­me In­ter­es­sen­ver­tre­tung ent­fal­te und auf ei­ge­nen Ge­winn ver­zich­te. Au­ßer­dem er­war­te man güns­ti­ge­re Kon­di­tio­nen als bei Mit­be­wer­bern. All dies sei bei der Be­klag­ten nicht der Fall.

Wett­be­werbs­zen­tra­le: Be­zeich­nung als "Ver­band" ir­re­füh­rend

Die be­klag­te GmbH mit Sitz in Mainz be­treibt einen kom­mer­zi­el­len Ver­mitt­lungs­dienst für Pfle­ge­dienst­leis­tun­gen. Sie ver­mit­telt In­ter­es­sen­ten für Leis­tun­gen wie Heim­plät­ze, Pfle­ge­kräf­te oder einen bar­rie­re­frei­en Ba­d­um­bau an ge­werb­li­che An­bie­ter. Auf ihrer Web­site be­wirbt sie einen "An­bie­ter­ver­gleich". Dabei ver­kauft sie Kon­takt­da­ten in­ter­es­sier­ter Ver­brau­cher an bis zu drei Un­ter­neh­men. Die ge­werb­li­chen Käu­fer – Hand­wer­ker, Pfle­ge­diens­te, Sa­ni­täts­häu­ser etc. – müs­sen für jeden so­ge­nann­ten "Lead" eine Pro­vi­si­on zwi­schen 12 und 100 Euro be­zah­len, egal ob es spä­ter zum Ver­trags­schluss kommt oder nicht. Die Be­klag­te be­zeich­net sich auf ihrer Web­sei­te durch­ge­hend als "Ver­band Pfle­ge­hil­fe" und ihre ge­werb­li­chen Rah­men­ver­trags­part­ner als "Ver­bands­mit­glie­der". Die Wett­be­werbs­zen­tra­le hatte von dem be­klag­ten Un­ter­neh­men ver­langt, die Ver­wen­dung des Be­griffs "Ver­band" zu un­ter­las­sen und schlie­ß­lich Klage wegen Ir­re­füh­rung er­ho­ben.

LG Mainz be­stä­tigt Auf­fas­sung der Wett­be­werbs­zen­tra­le

Das Land­ge­richt ist die­ser Rechts­auf­fas­sung nach An­ga­ben der Wett­be­werbs­zen­tra­le ge­folgt und hat der Klage jetzt in vol­lem Um­fang statt­ge­ge­ben: Der Ver­kehr ver­bin­de mit dem Be­griff "Ver­band" die Vor­stel­lung von einer Ver­ei­ni­gung, die eine ge­mein­sa­me In­ter­es­sen­ver­tre­tung ent­fal­te und auf ei­ge­nen Ge­winn ver­zich­te. Au­ßer­dem er­war­te der Ver­kehr bei einer Ge­sell­schaft, die sich als "Ver­band" be­zeich­ne, güns­ti­ge­re Kon­di­tio­nen als bei Mit­be­wer­bern, weil der An­bie­ter nach dem Kos­ten­de­ckungs­prin­zip ohne Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht ar­bei­te. All dies sei bei der Be­klag­ten nicht der Fall.

Wett­be­werbs­ver­zer­rung bei ver­steck­ter Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht

"Wer sich als Ver­band be­zeich­net, letzt­lich aber wie jedes an­de­re Un­ter­neh­men auch Dienst­leis­tun­gen an Kun­den mit Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht ver­kauft, täuscht die ko­ope­rie­ren­den Un­ter­neh­men als auch Hilfe su­chen­de Ver­brau­cher und ihre An­ge­hö­ri­gen, die ei­gent­lich be­son­de­re Ver­bands­vor­tei­le er­war­ten. Dies führt zu einer deut­li­chen Ver­zer­rung des Wett­be­werbs", er­klär­te Syn­di­kus­rechts­an­walt Mar­tin Bolm, der im Ham­bur­ger Büro der Wett­be­werbs­zen­tra­le für den Be­reich Ge­sund­heits­hand­wer­ke zu­stän­dig ist. Kom­mer­zi­el­le Ver­mitt­lungs­diens­te müss­ten als sol­che er­kenn­bar sein und trans­pa­rent über ihr Ge­schäfts­mo­dell in­for­mie­ren. So müss­ten sie nach der Recht­spre­chung auch dar­auf hin­wei­sen, wenn sie nur mit einer be­grenz­ten An­zahl von An­bie­tern zu­sam­men­ar­bei­ten und von die­sen eine Pro­vi­si­on für die Ver­mitt­lung er­hal­ten. 

Be­zeich­nung der Kun­den als "Ver­bands­mit­glie­der" eben­falls ver­bo­ten

Neben der Be­zeich­nung als "Ver­band" oder "Ver­band Pfle­ge­hil­fe" hat das Ge­richt der Be­klag­ten auch ver­bo­ten, Drit­te, die mit der Be­klag­ten zum Zweck der Ver­mitt­lung von Auf­trä­gen oder Per­so­nal zu­sam­men­ar­bei­ten, als "Ver­bands­mit­glie­der" zu be­zeich­nen und zu be­wer­ben.

LG Mainz, Urteil vom 01.04.2021 - 12 HK O 11/20

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2021.