Fatales Verschlucken in Klinik - Gericht spricht Kind eine Million zu

Nach einem folgenschweren Vorfall im Krankenhaus hat das Landgericht Limburg einem Kind insgesamt eine Million Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Die gescheiterte Gabe eines Antibiotikums hatte zu schwersten Hirnschäden geführt, weil die Rettungsmaßnahmen nach Ansicht der Richter fehlerhaft und teilweise sogar schädlich gewesen waren. Das Kind werde nie "ein auch nur näherungsweise normales Leben" führen können.

Krankenhaus, Schwester und Ärztin verurteilt

Das Gericht sah als erwiesen an, dass der damals ein Jahr alte Junge bei der Gabe eines Antibiotikums derart geweint und geschrien hatte, dass er sich an einem zuvor gegessenen Stück Apfel verschluckte. In der Folge habe er bei dem Vorfall im Jahr 2011 schwerste Hirnschäden erlitten. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes orientierte sich die Kammer der Mitteilung zufolge an den fatalen Konsequenzen: Der Junge werde nie "ein auch nur näherungsweise normales Leben" führen. Gefordert hatte dieser ein Schmerzensgeld von mindestens 500.000 Euro. Zur Zahlung der Summe nebst Zinsen verurteilt wurden laut Gericht das betreffende Krankenhaus im Kreis Limburg-Weilburg, eine Krankenschwester sowie eine Belegärztin.

Rettungsmaßnahmen fehlerhaft und schädlich

Der Fall hatte sich im Dezember 2011 ereignet. Das Kind war damals wegen eines Infekts in die Klinik gekommen und hatte über einen Portzugang die Arznei bekommen sollen. Die Krankenschwester habe gewusst, dass das Kind kurz zuvor gegessen hatte, urteilte das Gericht. Sie hätte damit rechnen müssen, dass sich der Junge über die Medikamentengabe aufregen würde und daher damit länger warten müssen, um ein mögliches Verschlucken von Speiseresten zu verhindern. Die dann eingeleiteten Rettungsmaßnahmen seien zudem "fehlerhaft und in der durchgeführten Form sogar schädlich gewesen".

Auch künftige Schäden zu ersetzen

Das Gericht in Hessen listete die schweren Folgen für den Kläger und seine Familie auf: Er könne nicht sprechen und laufen. Eine normale Kindheit sei ihm weitgehend verwehrt geblieben. Spielen mit seinen Eltern, Geschwistern oder anderen Kindern, der Besuch eines Kindergartens oder einer normalen Schule, der Aufbau von regulären Sozialbeziehungen zu Gleichaltrigen seien ihm verwehrt. Rund um die Uhr sei er auf fremde Hilfe angewiesen. Das Gericht entschied zudem, dass dem Kläger "sämtliche künftigen unvorhersehbaren immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge einer fehlerhaften Behandlung entstanden sind beziehungsweise noch entstehen werden", zu ersetzen seien. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2021 (dpa).