Im Verfahren der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Vogtland hat das Landgericht Leipzig gestern entschieden, dass das Geldhaus Verwahrentgelte – also Negativzinsen – auf Girokonten sowohl von Bestands- als auch von Neukundschaft erheben kann. Unzulässig sei hingegen die Erhebung von Negativzinsen bei gleichzeitiger Bewerbung von Jugendgirokonten als "kostenlos". Die Verbraucherzentrale hat gegen das Urteil Berufung angekündigt.
Sparkasse verlangt neben Kontoführungsgebühren auch Negativzinsen
Im Februar 2020 hatte die Sparkasse Vogtland versucht, auf allen neuen privaten Girokonten und auch bei Bestandskundinnen und -kunden nach einem Kontomodellwechsel ein Verwahrentgelt in Höhe von minus 0,7% im Jahr bereits ab einer Einlagenhöhe von 5.000,01 Euro einzuführen. Darüber hinaus verlangte die Sparkasse von den Inhaberinnen und Inhabern der Kontomodelle "VogtlandGiro Komfort", "VogtlandGiro basis" und "VogtlandGiro direct" auch Kontoführungsgebühren. Da die Sparkasse die Einführung zwar wieder zurückgenommen, aber keine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, reichte die Verbraucherzentrale Sachsen im März 2020 Klage ein.
Verbraucherzentrale zieht in nächste Instanz
"Verwahrentgelte entsprechen – insbesondere bei Bestandskunden – einer unzulässigen Doppelbepreisung", meint Michael Hummel, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Sachsen. Nicht nur für Betroffene im Vogtland sei dieses Urteil daher enttäuschend und könne in Zukunft teuer werden. Deshalb trete die Verbraucherzentrale auch in der nächsten Instanz für die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher ein, so Hummel mit Blick auf das geplante Berufungsverfahren am Oberlandesgericht Dresden. Einen Teilerfolg kann die Verbraucherzentrale Sachsen nach dem heutigen Urteil indes für sich verbuchen: Die Bewerbung des Jugendgirokontos als "kostenlos" und die gleichzeitige Erhebung von Negativzinsen wurde vom Landgericht für unzulässig erklärt.
LG Leipzig, Urteil vom 08.07.2021 - 05 O 640/20
Redaktion beck-aktuell, 9. Juli 2021.
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