Droht Meta eine Klagewelle? - Facebook-Nutzer erhält 5.000 Euro nach Datenschutzverstößen
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Auch wer auf Webseiten surft oder Apps nutzt, die nichts mit Facebook oder Instagram zu tun haben, wird oft von Metas Business Tools dabei beobachtet. Das war dem LG Leipzig ein mit 5.000 Euro für Datenschutzverstöße hohes Schmerzensgeld wert - und könnte erst der Anfang sein.

Die über die Business Tools generierten personenbezogenen Daten verarbeite Meta zu einem Profiling der Facebook-Nutzer und -Nutzerinnen, schreibt das LG – und fahre sodann mit dem Geschäftsmodell der personalisierten Werbung Milliardengewinne ein. Daher sei die für einen Datenschutzverstoß hohe Entschädigungssumme gerechtfertigt (Urteil vom 04.07.2025 – 05 O 2351/23).

Das LG ist sich explizit bewusst, dass seine Entscheidung gravierende Folgen für Meta haben kann: Das Urteil könne dazu führen, dass viele Facebook-Nutzer und -Nutzerinnen klagen, ohne einen individuellen Schaden explizit darzulegen, schreibt das Gericht. Darin sieht es aber keinen Widerspruch zu den gesetzgeberischen Zielen der DS-GVO, gerade auch mittels Private Enforcement den Datenschutz vor Zivilgerichten und damit jenseits rein behördlicher Maßnahmen effektiv durchzusetzen.

Die von Meta entwickelten Business Tools würden von zahlreichen Betreibern auf ihren Webseiten und in ihren Apps eingebunden, erklärt das Gericht weiter. Sie sendeten Daten der Nutzer und Nutzerinnen von Instagram und Facebook an Meta. Dadurch sei der klagende Nutzer für Meta zu jeder Zeit individuell erkennbar, sobald er sich auf den Dritt-Webseiten bewegt oder eine App benutzt hat. Das gelte sogar, wenn er sich nicht über seinen Instagram- oder Facebook-Account angemeldet habe. Die Daten sende Meta Ireland dann weltweit in Drittstaaten, insbesondere in die USA. Dort werte sie die Daten in für den Nutzer unbekanntem Maß aus.

Hoher Nutzen führt zu hoher Entschädigung

Anders als andere Gerichte in vergleichbaren Fällen hat das LG Leipzig den Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ausschließlich auf Art. 82 DS-GVO gestützt und damit auf Europarecht und nicht auf das nationale Recht bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Es hat dabei auf Feststellungen des EuGH in einem Verfahren gegen Meta zurückgegriffen, in dem es ebenfalls um die Zulässigkeit der Business Tools ging. Die besonders umfangreiche Verarbeitung personenbezogener Daten durch Meta – sie betreffe potenziell unbegrenzte Datenmengen und habe nahezu die vollständige Überwachung des Online-Verhaltens des Nutzers zur Folge – führt nach dem EuGH zu einem Gefühl, dass das gesamte Privatleben kontinuierlich überwacht wird.

Die Höhe des Schmerzensgeldes nach Art. 82 DS-GVO muss für das LG Leipzig über die in der nationalen Rechtsprechungspraxis etablierten Schmerzensgeldbeträge hinausgehen. Bei der Schadensschätzung hat es an den Wert der personenbezogenen Daten zu Zwecken personalisierter Werbung für Meta angeknüpft. Nach dem Bundeskartellamt (Beschluss vom 02.05.2022 – B 6-27/21) verfüge Meta im Bereich der sozialen Medien über eines der führenden Werbeangebote. 2021 habe das Unternehmen bereits 115 Milliarden US-Dollar Werbeeinnahmen erzielt – bei einem Gesamtumsatz von 118 Milliarden US-Dollar. Die Werbeeinnahmen machten also 97% seines Umsatzes aus. Auch ein einziges Nutzerprofil, in dem sämtliche Daten über die Person gespeichert sind, habe somit auf datenverarbeitenden Märkten einen enormen Wert.

Darlegung individuellen Schadens entbehrlich

Eine informatorische Anhörung des klagenden Facebook-Nutzers hielt das LG für nicht zielführend und verzichtete darauf. Eine solche hätte aus Sicht der Richterinnen und Richter keine weiteren Erkenntnisse gebracht. Mehr als die Mitteilung eines im Allgemeinen eher diffusen Gefühls des Datenverlusts und der Verunsicherung sei nicht zu erwarten gewesen. Denn es sei ja gerade das Problem der Klagepartei und auch des Gerichts, festzustellen, was konkret Meta mit den Daten macht und noch vorhat. Das Gericht stellt deshalb für eine Mindestentschädigung von 5.000 Euro auf die allgemeine Betroffenheit des aufmerksamen und verständigen "Durchschnitts"-Betroffenen im Sinne der DS-GVO ab.

LG Leipzig, Urteil vom 04.07.2025 - 05 O 2351/23

Redaktion beck-aktuell, bw, 7. Juli 2025.

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