Opfer war mit dem Rad unterwegs
Der schlimme Unfall hatte 2015 bundesweit Entsetzen ausgelöst. Die beiden in Deutschland geborenen Türken lieferten sich in Köln-Deutz ein spontanes Rennen. Bei Tempo 95 schleuderte einer der Wagen gegen Miriam, die mit dem Rad auf dem Nachhauseweg war.
Streit um Bewährung
Das Kölner LG hatte die beiden Raser 2016 wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren sowie einem Jahr und neun Monaten verurteilt – auf Bewährung. Ein Aufschrei ging durch die Bevölkerung, das milde Urteil wurde als verhängnisvolles Signal einer schlappen Justiz gewertet. Die Staatsanwaltschaft ging in Revision. Der Bundesgerichtshof (BeckRS 2017, 116709) hob das Urteil teilweise auf: Das Kölner LG müsse die Frage der Bewährung erneut überprüfen.
Gericht verneint "besondere Umstände" für Bewährung
Die Dritte Große Strafkammer folgt nun in weiten Teilen der Argumentation des BGH und stellt am Ende fest: Eine Strafaussetzung zur Bewährung kommt nicht in Betracht. Zwar sei die Sozialprognose der Angeklagten günstig. Doch zusätzlich fordere das Strafgesetzbuch bei Freiheitsstrafen von über einem Jahr "besondere Umstände", die eine Bewährung rechtfertigen würden. "Solche besonderen Umstände haben wir nicht gefunden", sagte der Vorsitzende Richter Ralph Ernst. Dass die Raser unter den psychischen Folgen der Tat litten und sich im Prozess entschuldigt haben, ändere daran nichts. "Die Tat war im Wesentlichen geprägt durch das bewusste Schaffen einer Gefahr, durch eine äußerst aggressive Fahrweise bei einem illegalen Rennen."
Richter verweisen auf § 56 Abs. 3 StGB
Darüber hinaus bezieht sich die Kammer – wie vom BGH angeregt – auf den vergleichsweise selten angewandten dritten Absatz des § 56 StGB. Dort geht es darum, wie sich eine Bewährungsstrafe unter dem Aspekt der "Verteidigung der Rechtsordnung" auf das allgemeine Rechtsempfinden der Bevölkerung auswirken würde. Dabei sei auch die Frage der Generalprävention zu berücksichtigen, erläutert Ernst. 2015 habe es mehrere schwere Unfälle bei verbotenen Rennen gegeben, als deren Folge die Polizeikontrollen und die Gesetze für Raser verschärft worden seien. Dies zeige, dass Bewährungsstrafen für die beiden Männer nicht angemessen wären, argumentierten die Richter.
Staatsanwalt: Bewährungsstrafen falsches Signal
Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer gewarnt, dass Bewährungsstrafen ein falsches Signal in die Raserszene senden würden – nämlich, dass Täter sogar bei einem tödlichen Unfall mit Bewährung davonkämen. "In der Bevölkerung würde der Eindruck entstehen, dass das Recht dem Unrecht weiche", sagt der Staatsanwalt. Einer der Verteidiger kritisiert dagegen, an seinem Mandanten solle ein Exempel statuiert werden.
Rechtsprechung bislang uneinheitlich
Illegale Rennen führen immer wieder zu Unfällen, und die Urteile für die Raser fielen bisher sehr verschieden aus. Seit Herbst 2017 drohen bis zu zehn Jahre Haft, wenn bei einem Rennen jemand schwer verletzt oder getötet wird. Erst kürzlich hob der BGH das bundesweit erste Mordurteil gegen zwei Raser auf, die in Berlin einen tödlichen Unfall verursacht hatten.
Revision der Angeklagten möglich
Das neue Urteil des Kölner LG ist noch nicht rechtskräftig. Richter Ernst appellierte an die beiden jungen Männer: "Zeigen Sie, dass Ihre hier gezeigte Reue nicht nur ein Lippenbekenntnis ist." Die Angeklagten sollten das Urteil annehmen und so dazu beitragen, dass Miriams Familie zur Ruhe kommen kann. Die Verteidiger der Angeklagten ließen die Frage offen, ob ihre Mandanten in Revision gehen werden.