Demente Patienten müssen nachts nicht durch Bettgitter und Fixierungen geschützt werden

Pflegeheime müssen keine Bettgitter und Fixierungen verwenden, um demente Patienten nachts vor Stürzen zu bewahren, weil damit Verletzungsgefahren einhergehen. Die Nichtvornahme dieser Maßnahmen sei daher kein Pflegefehler. Dies hat das Landgericht Köln am 27.10.2020 entschieden und der Tochter einer Patientin, die in der Obhut eines Heims schwer gestürzt war, Schadensersatz versagt.

Demente Mutter in Kurzzeitpflegeeinrichtung schwer gestürzt

Die Klägerin machte Ansprüche auf Schmerzensgeld ihrer bereits verstorbenen Mutter aufgrund eines Sturzes in einem Pflegeheim geltend. Ihre zum Zeitpunkt des Unfalls 94 Jahre alte Mutter litt an einer fortgeschrittenen Demenz und war in den Pflegegrad V eingestuft. Sie befand sich in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung des beklagten Trägers. Eines Nachts stand sie aus ihrem Bett auf, stürzte und erlitt eine Platzwunde. Gut eine Woche später verließ sie erneut ihr Zimmer und wurde gegen 1.45 Uhr vor einem Balkon im Speisesaal des Pflegeheims liegend schwer verletzt aufgefunden. Die alte Dame erlitt eine Oberschenkelhalsfraktur und eine Gehirnblutung, kam ins Krankenhaus, musste operiert werden und war danach in deutlich höherem Maße auf Pflege angewiesen als noch zuvor.

Tochter klagte auf Schmerzensgeld

Die Tochter klagte gegen den Träger des Pflegeheims und verlangte mindestens 35.000 Euro Schmerzensgeld. Sie behauptete, der Tod ihrer Mutter sei auf den Sturz zurückzuführen gewesen. Sie war der Ansicht, das Pflegeheim habe entweder die bei der Mutter bestehende Sturzgefahr verkannt oder aber nicht richtig darauf reagiert. Die Pflegekräfte hätten Bettgitter anbringen, das Bett tiefer einstellen, ihre Mutter im Bett fixieren, aber auf jeden Fall engmaschiger beobachten müssen.

LG: Keine Sorgfaltspflichten verletzt – Bettgitter und Fixierungen bergen Verletzungsgefahren

Das LG hat die Ansprüche auf Schadensersatz wegen eines möglichen Pflegefehlers abgewiesen. Nach einem von der Kammer eingeholten Gutachten einer Pflegesachverständigen hätten die Pflegekräfte in dem Pflegeheim alle erforderlichen Maßnahmen getroffen. Das Anbringen von Bettgittern oder eine Fixierung seien entgegen der Ansicht der Klägerin sogar kontraindiziert. Eine Fixierung könne zu Strangulationen führen. Außerdem führe die erzwungene Unbeweglichkeit zu einem Muskelabbau, der zu einer fortschreitenden motorischen Verunsicherung führe und damit die Sturzgefahr sogar noch erhöhe. Die Bettgitter könnten ebenfalls eine Sturzgefahr erhöhen, weil demente Patienten, denen die Einsicht in die Sinnhaftigkeit der Maßnahme fehle, den Seitenschutz zu überklettern versuchen und damit Stürze aus größerer Höhe begünstigen.

LG Köln , Urteil vom 27.10.2020 - 3 O 5/19

Redaktion beck-aktuell, 2. November 2020.