Rücktrittsrecht bei Oldtimer ohne versprochene Originallackierung

Eine historische Originallackierung in Sonderanfertigung hat erheblich wertsteigernde Wirkung beim Kauf eines Oldtimers und berechtigt den Käufer zum Rücktritt, wenn diese tatsächlich fehlt. Mit dieser Begründung hat das Landgericht Köln einen Autohändler dazu verurteilt, einen von ihm verkauften Porsche 911 T Coupé, Baujahr 1973, gegen Rückzahlung des Kaufpreises zurückzunehmen.

Originallackierung 1982 abgetragen

Der Kläger hatte den Porsche für 119.500 Euro gekauft, nachdem er über einen Newsletter des Autohändlers auf den Wagen aufmerksam geworden war. Die Besonderheit des Porsches bestand darin, dass er im Zeitpunkt seiner ersten Auslieferung mit einer von der Herstellerin Porsche aufgebrachten individuell bestellten Sonderfarbe ("paint to sample") in tief dunkelbraun versehen war. 1982 wurde die Originallackierung allerdings abgetragen und das Fahrzeug vollständig neu lackiert. Für die Neulackierung wurde kein Original-Porsche-Lack verwendet, sondern ein in einer Autolackiererei angemischter Lack in einem dem Porsche-Originallack "Mocha Brown" ähnlichen Farbton.

Käufer moniert Fehlen der Eigenschaft "color to sample"

Nach Abholung des Fahrzeugs und Zahlung des Kaufpreises erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag sowie dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung mit der Behauptung, der Porsche weise mehrere Sachmängel auf und entspreche nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Ihm komme es vor allem auf die vereinbarte Eigenschaft "Color to Sample" an. Der beklagte Autohändler verkaufte den Wagen für den Voreigentümer und ist der Ansicht, die Beschreibung des Fahrzeugs in seinem Newsletter treffe zu, weil der Wagen 1973 tatsächlich in der Farbe nach Wahl in tief dunkelbraun ausgeliefert worden sei. Außerdem hätte der Käufer auch unter dem Kofferraumdeckel und im Motorraum selber erkennen können, dass eine Neulackierung vorgenommen worden war.

LG: Merkmal der Sonderfarbe war Bestandteil des Kaufvertrags

Das LG hat dem Käufer Recht gegeben. Er sei wirksam von dem Kaufvertrag wegen Fehlens des wertbildenden Merkmals "color to sample" zurückgetreten. Die Parteien hätten dessen Vorliegen im Kaufvertrag vereinbart. Sowohl im Newsletter des Autohändlers als auch im Kaufvertrag sei das Merkmal der Sonderfarbe "color to sample" als wertbildender Faktor aufgenommen worden. Aus der maßgeblichen Sicht des Käufers habe dieser davon ausgehen können, dass das Fahrzeug die vereinbarte Beschaffenheit auch im Zeitpunkt des Kaufs noch aufweise und nicht nur in den Jahren 1973 bis 1982 aufgewiesen habe. Für einen Kaufinteressenten sei in aller Regel nicht von Interesse, welche wertsteigernden Merkmale eine Kaufsache vor 30 Jahren aufgewiesen habe, sondern welche Merkmale sie im Zeitpunkt des Kaufs tatsächlich habe.

Porsche in gut erhaltenem "Originalzustand" angeboten

Auch wenn im Newsletter nur gestanden habe, dass das Fahrzeug in der Farbe nach Wahl bestellt worden sei, habe der Käufer davon ausgehen können, dass sich das Fahrzeug immer noch in diesem Zustand befunden habe. Zudem sei das Fahrzeug als unrestauriertes Exemplar in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand angepriesen worden. Dies habe den Eindruck des Käufers noch verstärkt. Unstreitig weise das Fahrzeug diese bei einem Oldtimer erheblich wertsteigernde Wirkung des Vorhandenseins eines historischen Originallacks in Sonderanfertigung nicht mehr auf. Auch habe der Käufer das Fehlen des Originallacks nicht erkennen können, da die beschriebene Farbabweichung zum einen nur schwer zu sehen war und dann auch keinen Rückschluss auf das vollständige Entfernen des Originallackes zugelassen hätte.

LG Köln, Urteil vom 07.01.2021 - 36 O 95/19

Redaktion beck-aktuell, 1. Februar 2021.