Kein Schadenersatz nach Fahrradsturz über Teererhöhung

Die Klage einer Fahrradfahrerin auf Schadenersatz gegen die Stadt Wiehl nach einem Sturz über eine zehn Zentimeter hohe und 30 Zentimeter breite Teererhöhung bleibt erfolglos. Nach einem Urteil des Landgerichts Köln scheiden Ansprüche schon mangels verkehrswidrigen Zustands aus. Das Hindernis sei zudem ausreichend erkennbar gewesen. Die Klägerin treffe darüber hinaus aufgrund ihrer unangepassten Geschwindigkeit ein anspruchsausschließendes Mitverschulden.

Fahrradfahrerin macht erhebliche Verletzung aufgrund Sturzes geltend

Die Klägerin soll mit ihrem Fahrrad kurz vor Mittag eine untergeordnete Ortsverbindungsstraße auf dem Gemeindegebiet der Stadt Wiehl befahren haben. Im Bereich eines Ortseingangs mündet diese Straße in eine Ortsstraße. In diesem Bereich befindet sich die Teererhöhung, die sich quer über die gesamte Fahrbahn zieht und der Ableitung von Oberflächenwasser dient. Als die Klägerin über die Teererhöhung gefahren sei, soll ihre Fahrt abrupt abgebremst worden sein, sodass sie nach vorn über ihr Fahrrad gestützt und in einigen Metern Entfernung zu Fall gekommen sein soll. Die Klägerin soll dadurch erheblich verletzt worden sein. Die Klägerin behauptet, dass sie die Teererhöhung aufgrund der schwarzen Fahrbahndecke der Straße und der ebenfalls schwarzen Farbe der Teererhöhung nicht habe rechtzeitig erkennen können. Die Radfahrerin begehrte von der beklagten Stadt als Straßenträger die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie die Feststellung einer umfänglichen Schadenersatzverpflichtung.

Straße muss nicht schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein

Das LG Köln hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG). Die beklagte Stadt sei zwar nach §§ 9, 9a StrWG NRW als Trägerin der Straßenbaulast für den streitbefangenen Bereich verkehrssicherungspflichtig. Im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht habe die Beklagte die Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden und bei ihrer zweckgerechten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass die Straße sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befinde, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulasse. Dies bedeute indes nicht, dass Straßen schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein müssten, so das LG. Denn eine vollständige Gefahrlosigkeit könne mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht werden. Der Benutzer müsse sich vielmehr den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Straßen und Wege so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darböten.

Nicht oder nicht rechtzeitig erkennbare Gefahren auszuräumen

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe der Straßenverkehrssicherungspflichtige allerdings diejenigen Gefahren auszuräumen, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag. Im Hinblick auf Radwege sei in der Rechtsprechung zudem anerkannt, dass insbesondere gefährliche Vertiefungen und sonstige Hindernisse, mit denen der sorgfältige Radfahrer nicht zu rechnen brauche, zu einer Haftung wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung führen können.

Mögliche Gefahrenstelle hier bei Tageslicht ohne Weiteres wahrnehmbar

Ausgehend von diesen Grundsätzen verneinte das LG Köln hier einen verkehrswidrigen Zustand. Bereits auf dem von der Klägerin selbst eingereichten Lichtbild sei zu sehen, dass die Teererhöhung sich vom übrigen Bodenbelag deutlich unterscheide. Sie sei dunkler als der Asphalt des Weges. Ein aufmerksamer Radfahrer habe erkennen können, dass sich dort ein Hindernis befinde. Die etwaige Gefahrenstelle sei auch ohne Hinweis bei Tageslicht ohne Weiteres wahrnehmbar gewesen. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, dass es sich überhaupt um eine Gefahrenstelle handele. Es habe kein Straßenschaden vorgelegen. Die Teererhöhung diene vielmehr der Ableitung von Oberflächenwasser. Die streitgegenständliche Straße sei auch kein Fahrradweg, sodass Fahrradfahrer nicht erwarten könnten, dass sie besonders für Fahrradfahrer hergerichtet sei. Fahrradfahrer müssten jederzeit mit Unebenheiten rechnen. Es handele sich auch lediglich um eine Bodenwelle, die bei reduzierter Geschwindigkeit von einem Fahrradfahrer gefahrlos überquert werden könne. Die Klägerin treffe darüber hinaus ein anspruchsausschließendes Mitverschulden, da sie ihre Geschwindigkeit nicht dem deutlich zu erkennenden Hindernis angepasst habe.

LG Köln, Urteil vom 16.05.2023 - 5 O 16/23

Redaktion beck-aktuell, 21. Juni 2023.