LG Köln: Freigesprochener erhält für knapp fünf Jahre U-Haft 22.800 Euro Haftentschädigung

Das Landgericht Köln hat einem Mann, der nach knapp fünf Jahren Untersuchungshaft vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden war, eine Haftentschädigung in Höhe von rund 22.800 Euro zugesprochen (Urteil vom 14.08.2018, Az.: 5 O 248/17). Gefordert hatte der Mann mehr als 400.000 Euro.

Freigesprochener Kläger saß 58 Monate in U-Haft

58 Monate saß der Mann in Untersuchungshaft. Er war beschuldigt worden, zusammen mit seiner Ehefrau an der Ermordung der philippinischen Ehefrau seines ebenfalls angeklagten Cousins beteiligt gewesen zu sein. Nachdem er zunächst im Dezember 2009 wegen gemeinschaftlichen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, wurde das Urteil durch den Bundesgerichtshof aufgehoben und erneut vor dem Landgericht Köln verhandelt. Dabei wurde nur noch der Cousin – zwischenzeitlich rechtskräftig – wegen Mordes verurteilt. Der Kläger und seine Ehefrau wurden freigesprochen (BeckRS 2016, 00075, "Mord ohne Leiche").

Kläger forderte Haftentschädigung von mehr als 400.000 Euro

Der Kläger forderte vom Land Nordrhein-Westfalen mehr als 400.000 Euro als Entschädigung für die erlittene U-Haft. Dabei berief er sich sowohl auf das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) als auch auf die Grundsätze der Amtshaftung, weil nach seiner Ansicht die Anklageerhebung und die ursprüngliche Verurteilung fehlerhaft und nicht vertretbar gewesen seien. Er machte einen Verdienstausfall von 174.000 Euro geltend, da er durch die U-Haft seinen Betrieb nicht habe fortführen können. Durch die zunächst erfolgte Verurteilung wegen Mordes hätten sich seine Eltern zudem dazu entschlossen, eine bereits vollzogene Immobilienschenkung zu widerrufen. Dadurch seien ihm Mieteinnahmen von rund 177.000 Euro entgangen. Für die Rückabwicklung der Schenkung und ihre erneute Durchführung nach dem Freispruch seien ferner Kosten in Höhe von rund 9.000 Euro angefallen. Um Verteidigerkosten zu bezahlen, habe er schließlich ein Wertpapierdepot auflösen müssen, weshalb ihm ein Ausschüttungsgewinn von rund 34.600 Euro entgangen sei. Für den Neuankauf der Wertpapiere nach seiner Haft seien Broker-Kosten von etwa 10.600 Euro angefallen.

LG: Entschädigung nach StrEG nur wegen Inhaftierung selbst

Das LG hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Es sprach dem Kläger eine Entschädigung von rund 22.800 Euro zu. Ein Amtshaftungsanspruch bestehe nicht, da eine solcher bei einer – gegebenenfalls auch falschen – Verurteilung nur dann in Betracht komme, wenn die Richter hierdurch eine Straftat begangen hätten, was im Fall des Klägers nicht gegeben sei. Daher stehe ihm nur eine Entschädigung nach dem StrEG zu. Dieses sehe jedoch lediglich eine Entschädigung wegen der Inhaftierung selbst und nicht wegen anderer Gründe vor.

Kosten, entgangene Mieteinnahmen und Gewinne beruhen nicht auf Inhaftierung

Der Entschluss zum Widerruf der Schenkung durch die Eltern beruhe allerdings auf der Verurteilung im Jahr 2009 und nicht auf der Inhaftierung im Jahr 2007, so das LG weiter. Gleiches gelte für den Entschluss zur Wiederholung der Schenkung nach dem Freispruch. Kosten und entgangene Einnahmen in diesem Zusammenhang seien daher nicht ersatzfähig. Gleiches gelte für die entgangenen Spekulationsgewinne und Broker-Kosten. Diese seien zur Verteidigung gegen den Strafvorwurf an sich und nicht gegen die Inhaftierung selbst entstanden. Eine Differenzierung habe der Kläger jedenfalls nicht vorgenommen.

Verdienstausfall nur in Höhe von rund 22.800 Euro auszugleichen

Lediglich einen vom Land noch auszugleichenden Verdienstausfall hat das LG bejaht. Dabei sei jedoch nicht von dem vom Kläger beanspruchten Betrag von 100 Euro pro Tag auszugehen, sondern nur von 392,94 Euro monatlich als Durchschnittswert der vorgelegten Steuerbescheide, so dass ihm eine Entschädigung von rund 22.800 Euro zustehe.

LG Köln, Urteil vom 14.08.2018 - 5 O 248/17

Redaktion beck-aktuell, 31. August 2018.

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