LG Köln: Anscheinsbeweis gilt auch für "Auffahrunfall" auf Skipiste

Nach dem Zusammenstoß zweier Skifahrer spricht bei Geltung der FIS-Regeln des Internationalen Ski-Verbandes ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der von hinten kommende Wintersportler die Alleinschuld an dem Unfall trägt. Dies geht aus einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts Köln vom 15.08.2017 hervor (Az.: 30 O 53/17, BeckRS 2017, 132854).

Unterschenkelfraktur als Folge des Zusammenstoßes

Der Kläger aus Bayern und der Beklagte aus Köln machten jeweils Urlaub in einem Tiroler Skigebiet. Während der Kläger zusammen mit seinem Sohn die Piste Nr. 8 befuhr, kam es zu einem heftigen Zusammenstoß mit dem Beklagten, bei dem sich der Kläger eine Unterschenkelfraktur und der Beklagte drei Rippenfrakturen zuzog. Der Kläger musste von der Bergwacht mit dem Helikopter ins Krankenhaus verbracht werden. Bei beiden Beteiligten wurde zudem die Skiausrüstung beschädigt.

Streit um Verschuldensquote

Vor dem LG Köln beanspruchten sie nun Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem jeweils anderen. Der Kläger verlangte ein Schmerzensgeld von weiteren 9.000 Euro sowie Schadensersatz für entstandene Kosten und Schäden in Höhe von rund 2.100 Euro, nachdem die Haftpflichtversicherung des Beklagten unter Annahme einer Haftungsquote von 50% bereits 6.000 Euro Schmerzensgeld und einen Teil der Schäden gezahlt hatte. Er war der Ansicht, der Beklagte hafte zu 100%, da dieser den Zusammenstoß verursacht habe, indem er von hinten auf ihn aufgefahren sei. Der Beklagte wiederum bestand auf einem hälftigen Verschulden beider Beteiligten und verlangte im Weg der Widerklage selbst ein Schmerzensgeld von 2.500 Euro sowie Ersatz für weitere Schäden im Umfang von rund 500 Euro. Der Unfall sei nämlich durch einen Frontalzusammenstoß zustande gekommen, während beide gleichzeitig – sozusagen nebeneinander – den Pistenabschnitt befahren hätten.

Gericht geht von Anscheinsbeweis aus

Das LG Köln gab dem Kläger jetzt recht und verurteilte den Beklagten zu weiteren 6.000 Euro Schmerzensgeld und rund 2.000 Euro Schadensersatz. Denn gegen den Beklagten habe ein Anscheinsbeweis gesprochen – ähnlich wie im Straßenverkehr –, da er "von hinten" auf den Kläger aufgefahren war. Nach der Beweisaufnahme war die Richterin davon überzeugt, dass der Beklagte hinter dem Kläger die Piste befuhr.

Kläger haftet vollumfänglich

Nach der für das befahrene Skigebiet geltenden FIS-Regel Nr. 3 muss der von hinten kommende Skifahrer seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. Komme es also zum Zusammenstoß, während der Beklagte hinter dem Kläger fährt, spreche dies zunächst dafür, dass der Beklagte gegen die FIS-Regel Nr. 3 verstoßen hat. Diesem bleibe zwar die Möglichkeit, diese Vermutungsregel durch den Nachweis eines abweichenden Geschehensablaufs zu erschüttern, allerdings sei dies dem Beklagten in diesem Prozess nicht gelungen. Da nach Auffassung des Gerichts auch kein sonstiger Verstoß des Klägers gegen FIS-Regeln erkennbar war, hafte der Beklagte für die dem Kläger entstandenen Schäden vollumfänglich.

LG Köln, Urteil vom 15.08.2017 - 30 O 53/17

Redaktion beck-aktuell, 1. Dezember 2017.

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