Angeklagter legte vergiftete Marzipanherzen auf Schulhöfe
Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der 38-Jährige 2016 auf Schulhöfen mit Insektiziden vergiftete Marzipanherzen ausgelegt hatte. Damit habe er seiner Forderung, von dem Unternehmen Coop drei Millionen Euro in der digitalen Währung Bitcoins zu erpressen, Nachdruck verleihen wollen. Davon sei das Gericht überzeugt, sagte der Vorsitzende Richter Ralph Jacobsen. Die Kammer folgte damit der Auffassung der Staatsanwaltschaft, die sich ebenfalls für eine Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung aussprach. Der Verteidiger hatte für eine Verurteilung lediglich wegen schwerer Nötigung plädiert. Zunächst stand eine Verständigung bei einem umfassenden Geständnis im Raum. Dazu sei es jedoch nicht gekommen, sagte Jacobsen. Die kurze Verhandlungsdauer sei vor allem Folge der besonders guten Beweislage, wie Oberstaatsanwalt Michael Bimmler sagte.
Verkaufsweg der Marzipanherzen führte zum Täter
Rückblende: Am 08.09.2016 erhält Coop eine Erpresser-Mail. Rund 20 Drohschreiben folgen in den nächsten Tagen. Wenige Tage nach der ersten Mail liegen vergiftete Marzipanherzen auf dem Hof einer Kieler Grundschule. Die Süßigkeiten sind mit einem Insektizid versetzt, das gesundheitliche Beschwerden, wenn auch keine ernsthaften Schäden, auslösen kann. Am 16.09.2016 folgen Bombendrohungen gegen drei Schulen. Die Polizei lässt die Schulen räumen und durchsuchen. In zwei der Schulen werden verdächtige Gegenstände gefunden, die sich später als harmlos herausstellen. Ein Verdächtiger ist schnell ausgemacht. Über den Verkaufsweg der Marzipanherzen können die Ermittler die Spur zu dem 38-Jährigen zurückverfolgen. Er wird observiert. In der Nacht zum 19.09.2017 stellt der jetzt Verurteilte an einer Bushaltestelle in der Nähe einer Schule eine gefüllte Brotdose ab. Analysen ergeben: Auch die dort enthaltenen Lebensmittel sind vergiftet. Der Täter wird gefasst.
Angeklagter bestreitet Erpressungsvorwürfe
Der Angeklagte gestand zu Prozessbeginn, die Mails geschrieben und die vergifteten Marzipanherzen ausgelegt zu haben. Er habe niemandem schaden wollen, ließ er über seinen Anwalt erklären. Es tue ihm leid, dass er Eltern und Kinder verunsichert habe. Den Erpressungsvorwurf wies der Mann zurück. Es folgte eine schwer verständliche Erklärung, warum er die Aktion dennoch gestartet hatte. Die Rede ist von einer Software, mit dem man User des Darknets, die eine bestimmte Zugangssoftware nutzten, identifizieren könne. Von Verschlüsselungen und dem Versuch, das Programm zu verkaufen. Die Software habe er unter Realbedingungen testen wollen. Die Geschichte von der “Werbeveranstaltung für ein Computerprogramm“ das er verkaufen wolle, glaubte das Gericht nicht. Es sei dem Mann, der Schulden von bis 40.000 Euro hat, darum gegangen, Geld von Coop zu erhalten. Besonders verwerflich für die Richter ist, dass der Erpresser mit der Gefährdung von Kindern gedroht hat. “Die halbe Stadt war beunruhigt.“