LG: Reiner Indizienprozess
Der bisher angeklagte 45-Jährige hatte zwar zugegeben, die Prostituierte aufgesucht zu haben, bestritt aber die Tat. Die Ermittler sahen Widersprüche in der Aussage des Mannes. Zudem hatte er aus ihrer Sicht mögliches Täterwissen offenbart. Der 45-Jährige kam Mitte Dezember in Untersuchungshaft, Ende Mai begann der Prozess wegen Totschlags. 41 Zeugen hatte die Kammer geladen. "Es war ein reiner Indizienprozess, von Anfang an war klar, dass es ein schwieriger Prozess werden würde", sagte der Vorsitzende Richter.
Kritik an Polizeiarbeit
Der Verteidiger Olaf Klemke kritisierte die Arbeit der Polizei scharf. Er warf den Ermittlern absurdes Verhalten, Fehlinterpretationen und Verschleierung vor. Man habe immer zu Lasten seines Mandanten argumentiert, es sei alles kreuz und quer gegangen. Am Ende plädierte auch die Staatsanwaltschaft auf Freispruch. Der Erste Staatsanwalt Wolfgang Scholz entschuldigte sich bei dem Angeklagten. "Mir tut es persönlich für Sie unendlich leid. Es hat ein völlig Unschuldiger auf der Anklagebank gesessen", sagte er.
Ingenieur hatte immer seine Unschuld beteuert
Man müsse leider feststellen, dass dem Mann Unrecht widerfahren ist. "Das ist in der Tat sehr tragisch", betonte Peschka. Sechs Monate hatte der Ingenieur in Untersuchungshaft gesessen und immer wieder seine Unschuld beteuert. "Ich bin traurig, dass man mit der Wahrheit so umgeht", sagte der 45-Jährige kurz vor der Urteilsverkündung. Die 40 Jahre alte Prostituierte war am 04.11.2016 in ihrem Wohnwagen an der Bundesstraße zwischen Hildesheim und Peine erwürgt worden.
Nach Zeugenvernehmung kam die Wende
Ein Zeuge hatte vor Gericht ausgesagt, dass ein 29 Jahre alter Bekannter die Prostituierte getötet habe. Er selbst hatte demnach im Auto auf dem Parkplatz gewartet und die Tat beobachtet. "Er stand mit dem Fuß auf der Kehle der Frau“, schilderte der Zeuge vor den Richtern. "Das war so abartig.“ Die Polizei rief er aus Angst vor seinem Kumpel aber nicht. Der 29-Jährige, den er beschuldigt, bestreitet, die Frau umgebracht zu haben. "Zu dem Tatvorwurf kann ich nichts sagen, das war ich nicht, da habe ich nichts mit zu tun», behauptete er vor Gericht. Nach einem Gutachten wurde aber seine DNA unter den Fingernägeln der getöteten Prostituierten gefunden. Und eine Funkzellenauswertung ergab, dass sich sein Handy zur Tatzeit am Tatort befand.
Entschädigung für freigesprochenen Ingenieur
Für den durchlebten Alptraum steht dem Ingenieur eine Entschädigung zu. Zum einen werde der entstandene Vermögensschaden ermittelt, etwa weil der Mann seinem Beruf nicht nachgehen konnte, sagte ein Gerichtssprecher. Und laut Strafrechtsentschädigungsgesetz gibt es quasi als Schmerzensgeld für jeden zu Unrecht hinter Gittern verbrachten Tag 25 Euro. Gegen den 29 Jahre alten neuen Beschuldigten wird es einen neuen Prozess geben.