Edeka unterliegt im Streit mit Coca-Cola um Lieferstopp-Verbot

Im Streit zwischen Coca-Cola und Edeka um Einkaufspreise hat der Lebensmittelhändler den Kürzeren gezogen. Edeka warf Coca-Cola vor, seine Preise unter dem Vorwand der Inflation in die Höhe zu treiben. Das Landgericht Hamburg sah indes die Wettbewerbswidrigkeit der Preise nicht glaubhaft gemacht. Auch eine besondere Dringlichkeit sei nicht gegeben. Es hob die zuvor ergangene einstweilige Verfügung auf und wies die Forderung von Edeka nach einem Lieferstopp-Verbot zurück.

Wettbewerbswidrigkeit der Preise nicht glaubhaft gemacht

Der von Edeka mit Blick auf einen Coca-Cola-Wettbewerber angestellte Vergleich der prozentualen Preiserhöhungen und der Vergleich mit der Preisentwicklung von Bier und Biermixgetränken reiche nicht aus, so das Gericht. Außerdem fehle es an dem Verfügungsgrund, also an einer ganz besonderen Dringlichkeit für den Lebensmittelhändler, die es rechtfertigen würde, Coca-Cola zur Fortsetzung der Belieferung zu den bisherigen Konditionen zu zwingen. Denn während Coca-Cola bei der weiteren Belieferung zu den bisherigen Konditionen keine Möglichkeit einer späteren Nachforderung hätte, könnte Edeka einen mutmaßlich missbräuchlich überhöhten Preis im Nachhinein sehr wohl zurückfordern, erklärte der Gerichtssprecher.

Erste Eilentscheidung des Gerichts war noch anders ausgefallen

Anfang September hatte das Gericht bei Erlass der einstweiligen Verfügung die Sachlage noch anders gesehen und Coca-Cola einen Lieferstopp untersagt. Der Getränkehersteller hatte zuvor die Belieferung von Deutschlands größtem Lebensmittelhändler eingestellt, weil Edeka Forderungen nach höheren Preisen zurückgewiesen hatte. Damals hatte das Gericht angenommen, dass Coca-Cola mit der Preisvorgabe und deren Durchsetzung mithilfe eines Lieferstopps eine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze und ein kartellrechtswidriges Verhalten an den Tag lege.

Edeka: Coca-Cola nimmt Inflation als Vorwand für Preiserhöhungen

"Von dieser Bewertung sind wir nach wie vor überzeugt", sagte ein Edeka-Sprecher. Edeka stehe seit Monaten in harten Verhandlungen mit der Markenartikelindustrie und prüfe jede Preiserhöhung sehr genau. "Viele der vorgebrachten Preiserhöhungsforderungen beruhen nicht auf echten Kostensteigerungen." Stattdessen werde der Verweis auf die allgemeine Inflation als willkommenes Argument genutzt, um die eigene Gewinnmarge weiter zu verbessern, sagte der Sprecher. Edeka kündigte an, nach Prüfung der Urteilsbegründung über weitere rechtliche Schritte zu entscheiden.

Coca-Cola hält Gerichtsentscheidung für richtungsweisend

Coca-Cola zeigte sich dagegen zufrieden. "Die Behauptung der Edeka, dass die Preiserhöhung unzulässig beziehungsweise unverhältnismäßig sei, wurde damit entkräftet und zurückgewiesen", sagte die für Rechtsfragen zuständige Vizepräsidentin Andrea Weckwert. Aus Sicht von Coca-Cola ist die Gerichtsentscheidung für künftige Preisverhandlungen richtungsweisend. Dazu gehöre auch, dass Hersteller Produkte nur an Kunden liefern, die die jeweils gültigen Preise anerkennen - genauso wie der Handel für sich in Anspruch nehme, Produkte aus dem Sortiment zu nehmen, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Markenverband folgt Argumentation Coca-Colas

Ähnlich argumentiert der Markenverband. "Es ist ebenso essenziell wie selbstverständlich, dass die Belieferung eine aktuelle Einigung von Lieferanten und Käufern über den Kaufpreis voraussetzt", sagte Hauptgeschäftsführer Christian Köhler. Kommt diese nicht zustande, ist es nach Ansicht des Verbands notwendige Konsequenz, dass keine Belieferung erfolgen kann. Entsprechend verwundert sei die Interessenvertretung über die erste Entscheidung des Gerichts gewesen. Doch das habe das LG nun wieder geradegerückt.

LG Hamburg, Urteil vom 29.09.2022 - 415 HKO 72/22

Redaktion beck-aktuell, 29. September 2022 (dpa).