Geld gegen Auskünfte: Bewährungsstrafe für Polizistin

Kleinere finanzielle Zuwendungen von einem notorischen Betrüger namens "Milliarden-Mike" kommen eine Berliner Polizistin teuer zu stehen. Das Landgericht Hamburg verurteilte die 45-Jährige gestern wegen Bestechlichkeit zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach Überzeugung der Strafkammer gab die Angeklagte in neun Fällen Auskünfte aus dem Polizeicomputer weiter und kassierte dafür 500 Euro.

Beide Angeklagte geständig

Der 65-jährige Mitangeklagte sitzt bereits wegen Betrugs in Berlin in Haft. Das Landgericht Hamburg hatte ihn Ende 2019 zu einer Strafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Wegen Bestechung kommen nach diesem Urteil nun neun Monate hinzu. Der vielfach vorbestrafte Angeklagte ist Co-Autor des vor acht Jahren erschienenen Buches "Milliarden Mike: Ich hab sie alle abgezockt". Medien haben häufig über sein schillerndes Leben berichtet. Beide Angeklagten gestanden die Vorwürfe. Demnach fragte die Beamtin zwischen Februar 2018 und April 2019 für den Mitangeklagten Daten im polizeilichen Auskunftssystem ab und gab sie an ihn weiter. Dabei ging es etwa um die Frage, ob ein Haftbefehl gegen ihn vorlag oder ob der Führerschein seiner Lebensgefährtin gültig sei. Auch Informationen zu einem prominenten Freund wollte "Milliarden-Mike" haben.

Finanzielle Notlage wegen Spielsucht

Aufgrund ihrer Spielsucht sei sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes in einer finanziellen Notlage gewesen, erklärte die 45-Jährige. In ihrer Verzweiflung habe sie über Facebook rund 50 Prominente angeschrieben und um finanzielle Hilfe gebeten. Dann habe sie von dem Mitangeklagten ein Angebot bekommen. "Ich konnte es gar nicht glauben, das war so ein Glücksmoment", sagte die Angeklagte. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin räumte sie ein, dass sie schon von der kriminellen Karriere ihres angeblichen Gönners wusste. Dennoch traf sie sich mit dem Mann in einem Berliner Luxushotel.

Polizistin: Stolz und Würde an einem Tag verloren

Die Beamtin sei auf eine völlig dubiose Geschichte hereingefallen, sagte die Richterin. Die Angeklagte habe geglaubt, für ein Treffen in einem Hotelzimmer 100.000 Euro zu bekommen. Dann habe sie für "läppische 500 Euro" ihre gesamte berufliche Existenz aufs Spiel gesetzt. "Ich habe Stolz und Würde an einem Tag verloren", sagte die zierliche Angeklagte mit langen blonden Haaren unter Tränen. Und "Millarden-Mike" bekannte in seiner Aussage freimütig: "Dass ich kein Engel bin, das wissen wir alle hier." Er bestritt auch nicht, dass er die Mitangeklagte betrogen habe: "Ich wollte sie ein bisschen verarschen, mehr war es nicht." Doch dann brauchte er doch ab und zu die Daten aus dem Polizeisystem, die er dann auch bekam.

28 Jahre bereits in Haft verbracht

Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin Ulrike Schönfelder hat "Milliarden-Mike" bereits 28 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht. Im Rahmen des Strafverfahrens, das 2019 zur Verurteilung wegen zweier Betrugstaten führte, waren die Ermittler auch auf seine Kontakte zu der Polizistin gestoßen, wie ein Gerichtssprecher erklärte.

Redaktion beck-aktuell, Bernhard Sprengel, 18. Mai 2021 (dpa).