LG Hamburg: Anlagevermittler muss in Werbevideos deutlich vor Totalverlustrisiko warnen

Anbieter von Nachrangdarlehen und anderen risikoreichen Kapitalanlagen müssen Anleger in Werbevideos deutlich vor einem möglichen Totalverlust warnen. Dies hat das Landgericht Hamburg mit rechtskräftigem Urteil vom 28.11.2019 entschieden, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) am 07.02.2020 mitteilte. Der Warnhinweis müsse über die gesamte Länge des Werbespots in ausreichender Schriftgröße eingeblendet werden, so das LG (Az.: 312 O 279/18, GRUR-RS 2019, 33071).

Schwach gesicherte Darlehen wurden in Youtube-Videos beworben

Die Exporo AG, eine Anlagevermittlerin, hatte in zwei Werbevideos auf Youtube für ein Investment in Immobilien mit einer jährlichen Rendite von bis zu 6% geworben. Das Unternehmen sammelt über seine Internetplattform bei Kleinanlegern Geld für Darlehen an Immobilien-Projektentwickler ein. Da die Darlehen im Grundbuch nur nachrangig besichert sind, droht Anlegern im Fall einer Insolvenz der Verlust ihres Geldes.

Hinweis auf Totalverlust nur kurz und kaum lesbar

Nach dem Vermögensanlagengesetz muss die Werbung für Nachrangdarlehen und andere risikoreiche Kapitalanlagen einen deutlich hervorgehobenen Warnhinweis enthalten: "Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen." In den strittigen Werbespots war dieser Hinweis aber nur zwei Sekunden lang und in winziger Schrift zu sehen.

LG: Verstoß gegen Vermögensanlagengesetz

Laut vzbv hat das LG entschieden, dass Exporo mit den Werbespots gegen das Vermögensanlagengesetz verstoßen hat. Der Warnhinweis sei nicht deutlich genug hervorgehoben. Dafür müsse der Hinweis während der gesamten Dauer des Videos für den Zuschauer deutlich erkennbar sein. Außerdem sei der Hinweis in zu kleiner Schrift verfasst. Unerheblich sei, dass Exporo nur eine Vermittlungsplattform für Vermögensanlagen betreibt. Weil das Unternehmen für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich sei und nach außen erkennbar als Anbieter auftrete, hätte es den Warnhinweis in der vorgeschriebenen Weise einblenden müssen, so das LG.

"Kostenlos"-Werbung bleibt zulässig

Die Werbeaussage "Bei Exporo gibt's keine Kosten!" habe das LG hingegen für zulässig erachtet, so der vzbv weiter. Denn sie beziehe sich lediglich darauf, dass die Rendite der Anleger nicht durch weitere Kosten gemindert werde. Auf den vereinbarten Zinssatz würden sich die Zahlungen der Anbieter an den Vermittler nicht auswirken, so das LG. Der vzbv hatte die Werbung als irreführend beanstandet, weil das Unternehmen für das Betreiben der Plattform unter anderem Provisionen von den Anbietern erhalte. Diese würden zumindest indirekt an die Anleger durchgereicht.

Verbraucherzentrale: BaFin-Aufsicht dringend erforderlich

Der vzbv sieht in dem Fall einen weiterern Beleg dafür, dass eine zentrale Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) lange überfällig sei. "Die organisierte Nicht-Zuständigkeit bei der Aufsicht über den Finanzvertrieb muss ein Ende haben. Sie muss lückenlos und aus einer Hand erfolgen, und zwar durch die BaFin. Der Gesetzentwurf dafür liegt auf dem Tisch und muss zügig umgesetzt werden", fordert Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim vzbv. Zwar sei die BaFin dafür zuständig, die Einhaltung des Vermögensanlagengesetzes und damit die Abbildung des Warnhinweises zu überwachen. Die Exporo AG werde als Finanzanlagenvermittler nach § 34 f Gewerbeordnung bislang aber von der Industrie- und Handelskammer Hamburg beaufsichtigt. Im Dezember 2019 habe die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Übertragung der Aufsicht über Anlagevermittler auf die BaFin vorgelegt.

Redaktion beck-aktuell, 11. Februar 2020.