Für KI-erstellte Aussagen des X-Accounts Grok haftet sein Betreiber, X.AI LLC. Das LG Hamburg hat es dem US-Unternehmen untersagt, halluzinierte Zusammenhänge über den Campact e. V. weiter zu verbreiten (Beschluss vom 23.09.2025 – 324 O 461/25).
In dem betroffenen X-Thread ging es eigentlich um einen Artikel des Ärztenachrichtendienstes. Dieser behandelte eine Forderung der Grünen, finanziell motivierte Terminvergaben durch "systematische Kontrolle" einzudämmen. Der Anwalt Carlos A. Gebauer – bekannt durch seine Auftritte in der RTL-Gerichtsshow "Das Strafgericht" (2002-2008) – kritisierte die vermeintliche Forderung nach einem "zentral gesteuerten Zwangssystem".
In den Kommentaren diskutierten Nutzer mit dem X-KI-Bot Grok über die "schleichende Installation links-grüner Agendas" durch NGOs. Nachdem dieser mehrmals an sein einprogrammiertes Dogma erinnern musste – "Fakten statt Verschwörung", so wörtlich – bat ein Nutzer schließlich um Beispiele für NGOs, die staatliche Finanzierung erhielten. Neben BUND, NABU und Agora Energiewende nannte Grok auch Campact. Der Verein erhalte einen hohen Anteil aus Bundesmitteln. Gegen diese Behauptung ging der Campact e. V. nun mit Erfolg im Eilverfahren vor.
Äußerungsrechtlich unzulässig
Das LG Hamburg untersagte den Grok-Beitrag, da er den Campact e. V. in seinem Vereinspersönlichkeitsrecht verletze. Der Post sei als prozessual unwahre Tatsachenbehauptung zu verstehen, der in diesem Kontext auch ehrabträglich sei. Der Betreiber von Grok – X.AI – sei hier in der Pflicht gewesen, die Wahrheit der Behauptung darzulegen bzw. glaubhaft zu machen. Stattdessen sei die Gelegenheit zur Stellungnahme nicht wahrgenommen worden.
Dass der Beitrag von einer KI erstellt worden sei, ändere an der äußerungsrechtlichen Unzulässigkeit nichts. X-Nutzer würden die Aussagen Groks trotzdem als Tatsachenbehauptung werten – die KI verweise sogar selbst darauf, dass ihre Aussagen faktenbasiert seien. Eine gewisse faktische Aussagekraft messe der durchschnittliche Nutzer ihr mithin bei. Für die Aussagen habe X.AI auch als Betreiber einzustehen. Durch die "Präsentation auf dem Account" habe sich das Unternehmen die Aussagen "jedenfalls zu eigen gemacht".
Ein wegweisender Beschluss?
Der Beschluss schlägt zur Frage der Haftung von KI-Betreibern eine neue Richtung ein. Bisher waren vor allem die Anwender von KI-Systemen in den Blick genommen worden, denen die generierten – und unter Umständen halluzinierten – Aussagen zugerechnet wurden. Der Beschluss des LG Hamburg weist nun in eine Richtung, in der es für Betreiber nicht mehr ausreicht, sich mit einem Disclaimer von möglichen inhaltlichen Fehlern zu distanzieren.
So ordnet Tobias Voßberg – Anwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Experte für KI im Legal-Tech-Bereich – den Beschluss gegenüber beck-aktuell ein: "Wir haben hier die erste Entscheidung, in der ein Gericht eine einstweilige Verfügung wegen der Äußerungen einer KI erlassen und diese dem dahinterstehenden Unternehmen zugerechnet hat. Es wird aber nicht die Letzte sein: Die Wettbewerbszentrale geht zum Beispiel ebenfalls gegen den Chatbot einer Rundfunkanstalt vor, weil dieser Werbung gemacht haben soll. Das Besondere: Anders als etwa bei ChatGPT werden die Äußerungen von Grok öffentlich verbreitet, was die rechtliche Beurteilung erleichtert, da wir im klassischen Äußerungsrecht liegen. Interessant wäre, wie ein Gericht Falschbehauptungen in einem privaten Chat beurteilen würde."


