Umweltaktivistin zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt

Im Berufungsprozess gegen eine Umweltaktivistin hat das Landgericht Gießen die Angeklagte zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Damit hob das Gericht die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Alsfeld auf und verringerte das Strafmaß um ein halbes Jahr. "Klimaschutz ist kein Verbrechen", sagte der Vorsitzende Richter am Freitag zur Begründung des Urteils. Er müsse sich aber im Rahmen der Gesetze bewegen. Die Angeklagte bleibt demnach in Haft.

Festnahme bei Protest gegen Ausbau der Autobahn 49

Hintergrund des Prozesses sind die Proteste um den umstrittenen Ausbau der Autobahn 49 in Mittelhessen. Die Identität der Angeklagten ist nach wie vor unbekannt, sie wird allgemein "Ella" genannt. Sie sitzt seit dem angeklagten Vorfall in Untersuchungshaft. Die Verteidigung hatte gefordert, das Verfahren wegen vorliegender "absoluter Verfahrenshindernisse" einzustellen. Sie begründete ihre Forderung damit, dass es Rechtsstaatsverstöße gegeben habe, der Angeklagten ein faires Verfahren verwehrt geblieben sei – und gegen das Gebot verstoßen worden sei, das Verfahren zügig durchzuführen.

Aktivistin soll Polizisten angegriffen haben

Das LG war allerdings davon überzeugt, dass die Aktivistin im Herbst 2020 bei der Räumung eines Protestcamps im Dannenröder Forst in rund 15 Metern Höhe einem Polizisten mehrfach ins Gesicht und einmal gegen den Kopf getreten sowie einem weiteren Beamten ihr Knie ins Gesicht gestoßen hat. Es sprach sie des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, des tätlichen Angriffs auf diese sowie der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre und vier Monate Haft gefordert. Bei der Urteilsverkündung kam es zu Tumulten im Zuschauerraum. Der Vorsitzende verkürzte daraufhin die Urteilsverkündung, mehrere Zuschauer wurden von Polizisten aus dem Saal getragen.

Britta Weichlein, Redaktion beck-aktuell, 5. April 2022 (dpa).