Notar: Steuerliche Beratung nur eingeschränkt geschuldet

Berät eine Notarin falsch, kann sie dadurch entstehende Kosten nicht erheben. Das LG Gera hat nun entschieden, was das bei einem steuerlich ungünstig gelaufenen Grundstückserwerb bedeutet und welche steuerlichen Beratungspflichten eine Notarin hat - und welche nicht.

Nach § 21 GNotKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache durch einen Notar nicht entstanden wären, nicht erhoben. Auf diesen Passus berief sich eine insolvente Immobiliengesellschaft, die einen Kostenprüfungsantrag gegen den von ihrer Notarin in Rechnung gestellten Betrag von gut 14.000 Euro eingeleitet hatte.

Ursache war ein Grundstückskaufvertrag zwischen zwei verbundenen Firmen, der mehrfach geändert werden musste. Bei der erst gewählten Gestaltung hatten die Behörden die Grunderwerbssteuer von je rund 71.000 Euro doppelt angesetzt, da zwei Verträge vorlagen. Um das zu vermeiden, musste die Notarin die Gestaltung ändern.

Die Immobilienfirma rügt, dass die Notarin steuerlich fehlerhaft beraten habe. Dafür könne sie keine Kosten erheben. Auch hätte sie wegen ihrer Belehrungspflichten auf die steuerrechtlichen Folgen hinweisen und vor ihnen warnen müssen.

Das LG Gera wies den Kostenprüfungsantrag zurück, weil die Notarin nach der Evidenzformel nicht gegen eine offenkundige Pflicht verstoßen habe. Danach liege eine zur Nichtberücksichtigung bei den Kosten führende unrichtige Sachbehandlung nur vor, wenn der Notarin ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Beschluss vom 09.09.2024 – 2 OH 19/22).

Eine unterlassene Belehrung in steuerrechtlichen Belangen könne ihr hier nicht angekreidet werden. Ein Notar habe nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG zwar die Pflicht zur Rechtsbelehrung und nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO eine allgemeine Betreuungspflicht, aus beiden ergebe sich aber keine regelmäßige Pflicht, auf steuerliche Folgen des beurkundeten Geschäfts hinzuweisen. Im Bedarfsfall müssten sich die Beteiligten über Steuerfragen von Fachkräften gesondert beraten lassen.

Eine erweiterte Belehrungspflicht komme aber in Frage, wenn die Gestaltung eine unbewusste steuerliche Gefahrenlage schaffe und die Notarin die drohenden steuerlichen Folgen kenne oder zumindest kennen könne: Wenn sie sie kenne, müsse sie auch vor ihnen warnen. Kenne sie sie zwar nicht, müsse aber annehmen, dass das geplante Geschäft nicht gewollte steuerliche Auswirkungen haben könnte, müsse sie empfehlen, die steuerliche Seite von einem Fachmann überprüfen zu lassen. Da hier die Käuferinnen anwaltlich und steuerrechtlich vertreten waren, ist das LG der Ansicht, dass zumindest kein "offen zu Tage tretender Verstoß" der Notarin vorliegt und hat den Antrag daher zurückgewiesen.

LG Gera, Beschluss vom 09.09.2024 - 2 OH 19/22

Redaktion beck-aktuell, ns, 4. Februar 2025.