Nachträglich Sicherungsverwahrung im Staufen-Missbrauchsfall angeordnet

Über einen Zeitraum von knapp einem Jahr reiste er immer wieder nach Deutschland, um einen Jungen sexuell zu missbrauchen - jetzt ist gegen einen 35 Jahre alten Spanier im Staufener Missbrauchsfall nachträglich Sicherungsverwahrung angeordnet worden. Von dem Mann gehe eine Gefahr für die Allgemeinheit aus, sagte der Vorsitzende Richter Alexander Schöpsdau am Freiburger Landgericht. Er müsse über den Strafvollzug hinaus von weiteren Straftaten abgehalten werden.

BGH verlangte erneute Prüfung einer Sicherungsverwahrung

Der Mann war bereits 2018 wegen schwerer Vergewaltigung des zur Tatzeit neunjährigen Jungen, Kindesmisshandlung und Zwangsprostitution zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Auf Sicherungsverwahrung wurde damals verzichtet. Die Staatsanwaltschaft erwirkte jedoch vor dem Bundesgerichtshof, dass über die Möglichkeit der Sicherungsverwahrung erneut entschieden werden musste - und hatte nun Erfolg. Die Verbrechen an dem Jungen aus Staufen waren im Januar 2018 bekanntgeworden und hatten bundesweit Entsetzen ausgelöst. Die Mutter und ihr Freund hatten das Kind über zwei Jahre vergewaltigt und anderen Männern aus dem In- und Ausland gegen Geld für schwere sexuelle Gewalttaten überlassen.

Pädophiler Angeklagter gab sich als Kinderarzt aus

Der Spanier reiste zwischen September 2016 und August 2017 mehrfach nach Deutschland, um sich an dem Kind zu vergehen, wie der Vorsitzende Richter sagte. Teils fanden die Taten demnach in Ferienwohnungen statt. Vor der Mutter und deren Lebensgefährten hatte der Mann sich laut dem ersten Urteil als in Belgien lebender italienischer Kinderarzt ausgegeben. Bereits im Ermittlungsverfahren gestand der Spanier, den Jungen missbraucht und dafür Geld gezahlt zu haben. Außerdem gab er zu, eine pädophile Neigung zu haben.

Erschwerende Umstände zu Lasten des Spaniers berücksichtigt

Bei der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung sei zwar berücksichtigt worden, dass der Mann gestanden habe und auch an den Ermittlungen mitgewirkt habe, sagte der Vorsitzende Richter. Außerdem sei der Spanier nicht vorbestraft und beruflich erfolgreich gewesen. Doch es gebe auch eine Reihe von ungünstigen Faktoren, unter anderem Kontakte zu anderen pädophilen Kreisen im Darknet. Auch habe der Mann eine verzerrte Wahrnehmung gehabt und sich im Vergleich zu anderen Tätern als eine Art "guten Onkel" gesehen, der das Kind auch finanziell gefördert habe. Zudem habe der Missbrauch über einen langen Zeitraum angedauert.

Staatsanwältin zeigte sich nach Urteil zufrieden

Die Erste Staatsanwältin Nikola Novak, die das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof angestoßen hatte, zeigte sich nach dem Urteil zufrieden. "Ich halte den Angeklagten für sehr gefährlich", sagte sie der Presse. Er habe verdeckt operiert, sei international tätig gewesen und habe das Kind offenbar als eine Art Besitz für sich haben wollen. Im Staufener Missbrauchskomplex wurden zuvor bereits acht Urteile gesprochen.

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2020 (dpa).