Anwaltliche Verfahrenspfleger-Vergütung: Deutlich mehr als 39 Euro pro Stunde

Die Staatskasse wollte ihre Zahlungsverpflichtung gegenüber einer qualifizierten Verfahrenspflegerin auf ein Minimum reduzieren – und zog den Kürzeren. Das LG Freiburg (Breisgau) bestätigt, die Anwältin könne 120 Euro pro Stunde verlangen. Das Urteil könnte Signalwirkung haben.

Im Mittelpunkt des Prozesses stand eine Rechtsanwältin, die als Verfahrenspflegerin im Rahmen einer Erbauseinandersetzung für einen Betroffenen tätig wurde – mit erheblichem Aufwand. Das AG Lörrach hatte ihr für 14 Stunden Arbeit eine Vergütung von insgesamt 1.680 Euro netto zugesprochen – bei 120 Euro pro Stunde. Die Staatskasse legte dagegen Beschwerde ein und forderte eine Reduzierung auf lediglich 546 Euro, gestützt auf einen Stundensatz von 39 Euro nach § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG – Stundensatz des Vormunds in Höhe von 39 Euro pro Stunde).

Das Beschwerdegericht, das auf Vorlage des AG tätig wurde, bestätigte den Beschluss des AG und wies die Argumentation der Bezirksrevisorin zurück (Beschluss vom 23.05.2025 – 4 T 40/25). Entscheidend war dabei die Auslegung des § 277 Abs. 2 S. 2 FamFG (Vergütungsanspruch) in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VBVG (Erhöhung des Stundensatzes). Die Kammer stellte klar: Der aktuelle Gesetzeswortlaut verweise ausdrücklich und ohne Einschränkung auf die §§ 3 bis 5 VBVG – inklusive der Möglichkeit einer erhöhten Vergütung für berufsmäßige Verfahrenspfleger.

Keine Deckelung bei 39 Euro – Gesetzgeber wollte volle Verweisung

Die Bezirksrevisorin hatte argumentiert, dass es sich bei der umfassenden Verweisung im Gesetz um ein "Redaktionsversehen" des Gesetzgebers handele und die alte Begrenzung auf 39 Euro je Stunde fortgelte. Das LG Freiburg folgte dieser Sichtweise nicht. Vielmehr verwies es auf die klare Gesetzesbegründung und die im Jahr 2025 durchgeführte Reform des Betreuungsrechts. Diese habe den Verweis in § 277 Abs. 2 S. 2 FamFG ausdrücklich bestätigt und sogar erweitert.

Auch aus teleologischer Sicht – also dem Sinn und Zweck der Regelung – sei keine Einschränkung der Vergütung gerechtfertigt, betonte das Gericht. Eine erhöhte Vergütung könne nur bei einem vermögenden Betreuten festgesetzt werden. Da die Vergütung als gerichtliche Auslage im Zweifel vom Betreuten zurückzuholen sei, sei das Kostenrisiko für die Staatskasse begrenzt.

Die erhöhte Stundensatz von 120 Euro, der sich an den Sätzen für Sachverständige und Nachlasspfleger orientiere, war laut den Freiburger Richterinnen und Richtern auch angemessen. Die berufsmäßige Verfahrenspflegerin sei qualifiziert gewesen und mit erheblichem Aufwand in einer Erbauseinandersetzung tätig geworden, in der dem Betroffenen Zahlungen in einer Größenordnung von rund 600.000 Euro zugegangen seien.

LG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 23.05.2025 - 4 T 40/25

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. Juni 2025.

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