Ryanair wollte nur direkt an Passagiere zahlen
Wie die Wettbewerbszentrale, die die Klage geführt hat, mitteilte, regelte die Fluggesellschaft Ryanair DAC in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB), dass Fluggäste etwaige Entschädigungsansprüche zunächst selbst bei der Fluggesellschaft über deren Internetseite geltend machen müssen und erst nach Ablauf einer Bearbeitungsfrist Dritte mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche beauftragen dürfen. Zudem sollte eine Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen nur an natürliche Personen, die der konkreten Flugbuchung oder Reisegruppe zugehörig waren, sowie gesetzliche Vertreter Minderjähriger zulässig sein. Während des Verfahrens änderte Ryanair vorstehende Klauseln insoweit, als die ihr zu gewährende Bearbeitungsfrist verkürzt wurde und eine Bearbeitung von Dritten geltend gemachter Ansprüche nur erfolgte, wenn diese Angaben zu Kontakt- und Zahlungsdaten des Fluggastes zwecks unmittelbarer Zahlung an diesen beinhalteten. Schließlich unterstellte Ryanair das Beförderungsverhältnis per ABB-Klausel irischem Recht, sofern "das Übereinkommen oder die einschlägigen Gesetze nichts anderes vorsehen".
LG Frankfurt gibt Wettbewerbszentrale recht
Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Regelungen als unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern, denen die Durchsetzung ihrer gesetzlichen Rechte unzulässig erschwert werde und erhob Klage gegen Ryanair. Sie ist der Auffassung, dass es dem Verbraucher insbesondere nach der Fluggastrechte-VO (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) freistehe, auf welche Weise er seine Entschädigungsansprüche wegen Verspätung oder Flugausfalls geltend machen will. Die Geltendmachung der Verbraucheransprüche durch Fluggastrechteportale und Legal Tech-Anbieter werde von Ryanair mittels der vorstehenden ABB Regelungen unzulässig erschwert oder gar verhindert. Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte die Auffassung der Wettbewerbszentrale und stellte zunächst unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Köln zu einer wortgleichen Rechtswahlklausel (OLG Köln, Beschluss vom 29.1.2021, Az. 9 U 84/20) fest, dass diese irreführend, intransparent und damit rechtsmissbräuchlich sei. Ein juristisch nicht vorgebildeter Leser könne aufgrund der Formulierung der Klausel nicht erkennen, welches Recht im konkreten Fall zur Anwendung gelange.
Klauseln verstoßen gegen AGB-Recht
Auch die weiteren beanstandeten ABB Klauseln verstoßen nach Ansicht der Kammer gegen AGB-Recht sowie die Fluggastrechte-VO. Sie beeinträchtigten zum einen die Verbraucherinteressen unangemessen, da sie in die Dispositionsbefugnis des Verbrauchers eingriffen, zu entscheiden, ob dieser seine Ansprüche selbst oder durch Dritte geltend machen möchte. Zudem überwiege das Interesse des Verbrauchers an der Abtretbarkeit seiner Forderungen gegenüber entgegenstehenden Interessen von Ryanair. Die in den ABB geregelten Voraussetzungen für die Geltendmachung etwaiger Ansprüche seien ferner unwirksam nach Art. 15 Fluggastrechte-VO, da sie den Fluggästen die Rechtsdurchsetzung durch Dritte unmögliche machten bzw. deutlich erschwerten.
Entscheidung noch nicht rechtskräftig
Erstritten hat das Urteil die Wettbewerbszentrale Frankfurt, die bereits beim Landgericht Berlin ein ähnliches, inzwischen rechtskräftiges Urteil gegen den ungarischen Billigflieger Wizz Air erreicht hatte. Die Frankfurter Entscheidung ist hingegen noch nicht rechtskräftig. Ein Sprecher der Zentrale kündigte an, notfalls bis zum Bundesgerichtshof zu gehen.