Die Vorstellung dürfte für die meisten einigermaßen gruselig sein: Da erscheint ein Artikel im Internet, in dem Falschbehauptungen über die eigene Person aufgestellt werden, im schlimmsten Fall verbreitet sich die Nachricht sogar über mehrere Medien. Und ruckzuck bekommt, wer einen googelt, die Falschnachrichten als aktuelle Ergebnisse vorgeschlagen.
In einer solchen Situation müssen Betroffene schnell sein, wollen sie verhindern, dass sich die Lügen weiter verbreiten. Doch gegen jedes Medium beziehungsweise jeden sonstigen Inhalteanbieter (Blogs, Social-Media-Accounts etc.) vorzugehen, kann dauern und ist im Zweifel nicht sonderlich effektiv, wenn diese zum Beispiel nicht in Deutschland beheimatet sind. Einfacher scheint da der Weg über die großen Suchmaschinen-Betreiber.
Schließlich sind sie es, die mit ihren Suchergebnissen dafür sorgen, dass die Inhalte für die breite Masse sichtbar werden und sich verbreiten. Hier kommt also der sogenannte Auslistungsanspruch ins Spiel: Betreiber von Suchmaschinen sind grundsätzlich verpflichtet, nachgewiesen rechtswidrige Inhalte aus ihren Ergebnissen zu löschen.
Manager geht erfolgreich gegen Suchmaschinenbetreiber vor
Doch wie immer liegt der Teufel im Detail: Die Suchmaschinenbetreiber sind zwar eher greifbar, bewegen sich aber im Zweifel nicht schneller, wenn es darum geht, Inhalte zu löschen oder unsichtbar zu machen. Hier werden womöglich zwei Entscheidungen des LG Frankfurt a. M. relevant, das sich jüngst mit den Voraussetzungen eines solchen Auslistungsanspruchs beschäftigte (Beschlüsse vom 14.03.2025 - 2-03 O 93/25 und 2-03 O 89/25).
Beide Entscheidungen betrafen den Fall eines Managers eines international tätigen Konzerns, der gegen einen Artikel vorging, der von einem Inhalteanbieter mit Sitz in den USA verbreitet worden war. In der Suchergebnisanzeige bei Bing und Yahoo wurde der Artikel trotz einer einstweiligen Verfügung gegen den Anbieter weiter angezeigt, auch als Vorschautext (sog. Snippet), wobei die konkrete, zuvor untersagte Äußerung nachlesbar war.
Nachdem der Manager den Suchmaschinenbetreibern zunächst außergerichtlich die einstweilige Verfügung gegen den Inhalteanbieter des Artikels vorgelegt und von ihnen die Auslistung des Artikels gefordert hatte, tat sich erst einmal nichts, weshalb er schließlich gerichtlich gegen sie vorging und vor dem LG Frankfurt a. M. jeweils eine einstweilige Verfügung gegen die Betreiber erwirkte.
Gericht fordert keinen Zustellungsnachweis an Inhalteanbieter
Das Gericht leitete seinen Anspruch dabei direkt aus Art. 17 Abs. 1 a) DS-GVO i.V.m. Art. 7 und 8 GRCh her. Nach Art. 17 Abs. 1 a) DS-GVO haben Personen, die von einer unzulässigen Datenverarbeitung betroffen sind, einen Anspruch auf Löschung der Daten. In den Augen der Frankfurter Richterinnen und Richter reichte das als Grundlage, um von den Suchmaschinenbetreibern als in diesem Fall Verantwortlichen eine Auslistung zu verlangen. Das entspricht der Rechtsprechung des BGH aus den vergangenen Jahren. Die Bundesrichterinnen und -richter halten den Auslistungsanspruch für abschließend in der DS-GVO geregelt, andere Anspruchsgrundlagen aus nationalem Recht seien in solchen Fällen ausgeschlossen.
Spannend für Betroffene und deren Anwältinnen und Anwälte ist aber vor allem, dass das Gericht für den Auslistungsanspruch keine vorherige Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen den Inhalteanbieter verlangte. Bislang machten Betreiber wie Google nämlich zur Voraussetzung, um Suchergebnisse zu verbergen, dass dem Inhalteanbieter die Untersagung bereits zugestellt worden war, wie Rechtsanwalt Jörn Claßen, der den Manager in dem Verfahren vertrat, gegenüber beck-aktuell erläutert. Hierüber mussten Betroffene dann einen förmlichen Nachweis vorlegen.
"Eine Auslandszustellung insbesondere außerhalb der EU ist zeitaufwändig und kann teilweise mehrere Monate dauern. Es ist dem Betroffenen, der eine einstweilige Verfügung gegen den Inhalteanbieter erwirkt hat, jedoch nicht zuzumuten, dass der persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalt trotz einer gerichtlichen Entscheidung noch in den Suchergebnissen angezeigt wird" heißt es weiter in einer Pressemitteilung der Kanzlei zum Verfahren.
So wie das LG Frankfurt a. M. hatte es 2017 schon das LG Köln gesehen. Auch das rheinländische Gerichte entschied seinerzeit, es sei Betroffenen "grundsätzlich nicht zuzumuten, ein kostspieliges Verfahren gegen ein im Ausland ansässiges Unternehmen zu führen und einen rechtskräftigen Titel zu erlangen, bevor die Internetseite in den Suchergebnissen der Bing-Suchmaschine nicht mehr angezeigt wird."