Erneut hohe Freiheitsstrafen wegen betrügerischer Abrechnung von Pflegedienstleistungen

Wegen betrügerischer Abrechnung von Pflegedienstleistungen hat das Landgericht Düsseldorf erneut hohe Haftstrafen verhängt und Taterträge von über 1,4 Millionen Euro eingezogen. Vier Angeklagte hat es wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen fünf Jahren zwei Monaten und zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zwei Angeklagte müssen wegen Geldwäsche in 293 Fällen vier beziehungsweise drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.

Strafen gehen zum Teil über Forderungen der Staatsanwaltschaft hinaus

Einen weiteren Angeklagten hat das LG wegen Beihilfe zur Geldwäsche in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten verurteilt, wobei die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Und ein sechster Angeklagter wurde freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen fünf Angeklagte Haftstrafen zwischen dreieinhalb und sechs Jahren gefordert, gegen drei Angeklagte Bewährungsstrafen von bis zu zwei Jahren.

Krankenkassen und Kommunen zahlten für tatsächlich nicht erbrachte Pflegeleistungen

Aufgrund des Ergebnisses der an 35 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung mit umfangreicher Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass vier Angeklagte und ein zwischenzeitlich Verstorbener die Idee hatten, nicht erbrachte Pflegeleistungen betrügerisch abzurechnen. Dazu errichteten sie zunächst drei Pflegedienste mit Sitz in Düsseldorf, die Stern Pflegedienst GmbH, die Lottos Gesundpflege GmbH und die Lotos Pflegedienst GmbH. Spätestens ab 2012 rechneten diese Pflegedienste Leistungen gegenüber Abrechnungsgesellschaften ab. Die Abrechnungsstellen beglichen die angeblichen Pflegedienst-Forderungen und rechneten sie dann gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen beziehungsweise Kommunen ab. Die Krankenkassen beziehungsweise die Kommunen zahlten gutgläubig auf tatsächlich nicht erbrachte Pflegeleistungen.

Patienten nicht ordnungsgemäß gepflegt

Nach der Überzeugung des Gerichts wurde nur ein Bruchteil der Patienten so gepflegt, wie die Ärzte es verschrieben hatten und wie es gegenüber den Krankenkassen und Kommunen abgerechnet wurde. Statt der verschriebenen Pflegeleistungen erhielten die Patienten auch Geldleistungen und sogenannte Kompensationsleistungen wie etwa Fahrten zum Arzt, Putzen der Wohnung, Maniküre oder Pediküre. Das Gericht stellte fest, dass die Lotos Pflegedienst GmbH 2012 und 2013 insgesamt 290.872,83 Euro zu Unrecht abrechnete, die Lottos Gesundpflege GmbH von 2014 bis Oktober 2016 insgesamt 424.973,79 Euro und die Stern Pflegedienst GmbH von 2012 bis Oktober 2016 817.656,60 Euro. Damit betrug der Gesamtschaden 1.535.503,22 Euro.

Scheinrechnungen, Schwarzgelder und Geldwäsche-System

Die Angeklagten, die die Pflegedienste betrieben, entnahmen gezielt Gelder, um damit gegen Scheinrechnungen, die weitere zwei Angeklagte ausstellten, Schwarzgeld an Patienten, Ärzte, Mitarbeiter und sich selbst weiterzugeben. Zur Geldwäsche warben diese zwei Angeklagten mit Hilfe eines weiteren Angeklagten gegen eine Provision von 8 bis 10% lettische Staatsangehörige an und statteten sie mit Konten aus. Auf diese Konten überwies die Pflegeteam Alef GmbH in der Zeit von Februar 2014 bis Oktober 2015 insgesamt 464.140,46 Euro, die Stern Pflegedienst GmbH in der Zeit von März 2014 bis September 2016 insgesamt 888.956,34 Euro und die Lottos Gesundpflege GmbH in der Zeit von März 2014 bis September 2016 1.478.844,18 Euro. Diese Gelder flossen nach Abzug der Provisionen in bar wieder an die einzelnen Pflegedienste zurück, um Schwarzgelder auszuzahlen.

Strafen von über fünf Jahren Haft verhängt

Die 10. große Strafkammer des LG Düsseldorf hat den Hauptangeklagten G. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Angeklagte G. ist wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Der Angeklagte Jurij B. ist wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Die Kammer hat den Angeklagten Dimitri B. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte Bl. ist wegen Geldwäsche in 293 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Der Angeklagte S. ist wegen Geldwäsche in 293 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die Kammer hat den Angeklagten Mi. wegen Beihilfe zur Geldwäsche in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Erwägungen in der Strafzumessung

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer zugunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie alle nicht vorbestraft sind. Die Begehung der Taten wurde den Angeklagten erleichtert, weil die Pflegeleistungen nicht ausreichend kontrolliert wurden. Die Angeklagten sind den Schadenersatz- und Erstattungsansprüchen der Krankenkassen und Kommunen ausgesetzt. Strafmildernd hat das Gericht auch berücksichtigt, dass sieben der acht Angeklagten Geständnisse beziehungsweise Teilgeständnisse abgelegt haben. Strafschärfend hat die Strafkammer die hohe kriminelle Energie der Angeklagten gewertet, die in ihrer professionellen Vorgehensweise über einen relativ langen Tatzeitraum zum Ausdruck kam und zu dem hohen Schaden geführt hat.

Bereits Anfang 2018 neun Angeklagte verurteilt

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten können Revision zum Bundesgerichtshof einlegen. Schon mit Urteil vom 05.02.2018 (BeckRS 2018, 13266) hatte die 18. große Strafkammer des LG Düsseldorf neun Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges beziehungsweise gewerbsmäßiger Geldwäsche zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen sieben Jahren und zwei Jahren wegen betrügerischer Abrechnung von Pflegedienstleistungen verurteilt.

Redaktion beck-aktuell, 26. April 2021.