Erst Randale, dann Klage? Kein Schadensersatz nach Kollaps bei Triathlon

Schlägt ein Triathlonteilnehmer im Sanitätszelt um sich, da er nicht behandelt werden will, kann er die verzögerte Behandlung nicht den Sanitätern zur Last legen. Das LG Dresden hat bestätigt, dass sie zu Recht den Willen des Manns respektiert hatten – er sei nicht erkennbar verwirrt gewesen. 

Ein Lehrer meldete sich 2017 zu einem sogenannten Jedermann-Triathlon an. Die Teilstrecken waren im Gegensatz zum Profibereich reduziert, bestanden aber immerhin noch aus 750 m Schwimmen, 20,4 km Radfahren und 5 km Laufen. Bei seiner Anmeldung erklärte er online, dass er die Gefahren kenne und sein Gesundheits- und Trainingszustand gut genug sei.

Diese Einschätzung war zu optimistisch. Seinen letzten Wettkampf hatte der Mann 2015 absolviert. Er litt an Bronchialasthma, das medikamentös behandelt wurde, und hatte kurz zuvor eine Erkältung überstanden. Am Wettkampftag herrschten Temperaturen von mehr als 30 °C. Schon auf der Strecke wirkte er erschöpft und torkelte auf der Zielgeraden, sodass er nur mit Hilfe eines anderen Athleten die Ziellinie erreichte. Dort legte der Mann sich völlig erschöpft auf den Boden.

Den eintreffenden Sanitätern erklärte er, dass er nicht behandelt werden wolle. Der Transport mit der Trage ins Sanitätszelt musste nach den Feststellungen des LG zunächst unterbrochen werden, da er von der Trage kletterte. Im Zelt erhielt er eine Infusion. Dann jedoch musste die Behandlung abgebrochen werden, da der Mann, so das Gericht, um sich schlug und Gegenstände vom Tisch warf.

Nachdem sich sein Zustand verschlechtert hatte und er nicht mehr ansprechbar war, wurde ein Notarzt gerufen. In der Klinik wurden unter anderem eine Unterzuckerung und ein akutes Nierenversagen festgestellt. Der Pädagoge zeigte die Sanitäter wegen unterlassener Hilfeleistung an (von der Staatsanwaltschaft eingestellt) und verklagte den Veranstalter und den Sanitätsdienst. In der ersten Instanz war seine Klage beim LG Dresden nicht erfolgreich.

LG: Wille des Patienten muss respektiert werden

Eine unterlassene Hilfeleistung konnte der zuständige Einzelrichter nicht erkennen. Dabei verweist er auf einen Grundsatz des Medizinrechts: Keine Behandlung gegen den Willen des Patienten. Seinen Willen hatte der Mann nach der Überzeugung des Gerichts ausdrücklich und "konkludent" erklärt – es ging nach den Zeugenaussagen davon aus, dass er im Zelt randaliert hatte.

Zwar sei gut möglich, dass der Sportler sich in einem "Delir" befunden habe, also keinen eigenen Willen mehr habe bilden können, aber dies sei für die Rettungskräfte nicht eindeutig erkennbar gewesen. Daher, so das LG Dresden, habe hier kein Ausnahmefall vorgelegen, bei dem sie seinen Willen hätten ignorieren dürfen. Man müsse bedenken, dass nicht nur die unterlassene Hilfeleistung, sondern auch eine aufgezwungene Behandlung als Körperverletzung strafbar sei.

Die Berufung ist beim OLG Dresden (Az. 13 U 765/23) anhängig. 

LG Dresden, Urteil vom 20.03.2023 - 10 O 2201/20

Redaktion beck-aktuell, Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 15. August 2023.