Mit fast 2.400 Euro bildeten die Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens den Löwenanteil der notwendigen Auslagen, die ein Verteidiger von der Landeskasse erstattet haben wollte. Zuvor hatte das AG Dessau-Roßlau seinen Mandanten von dem Vorwurf freigesprochen, außerorts 29 km/h zu schnell gefahren zu sein.
Das hatte zunächst noch ganz anders geklungen: Direkt nach Eingang der Akte hatte das Amtsgericht einen Verhandlungstermin angesetzt und schon in der Ladung mitgeteilt, dass derzeit keine Anhaltspunkte für Messfehler bestünden. Zudem erteilte es noch den rechtlichen Hinweis, dass auch ein Fahrverbot drohen könnte. Der Termin wurde nach Eingang eines von der Verteidigung eingeholten Gutachtens aufgehoben. Der Sachverständige hatte Auffälligkeiten bei den Bildpositionen in der Messserie entdeckt. Nachdem auch ein Gerichtsgutachter die Zweifel an der Messung bestätigt hatte, sprach das Gericht den Betroffenen frei.
Bezahlen aber sollte das Land – da waren sich AG und Bezirksrevisorin einig – das Gutachten nicht. Der Freispruch sei aufgrund des Gerichtsgutachtens erfolgt, so die Begründung.
LG: Gerichtsgutachten wäre nicht eingeholt worden
Erst das LG befreite den Betroffenen jetzt von den Sachverständigenkosten. Zwar seien eigene Gutachten in der Regel nicht notwendig, hier liege aber ein Ausnahmefall vor. Die Kammer bezweifelt mit Blick auf den Hinweis in der Ladung, dass ohne das Privatgutachten das Amtsgericht überhaupt näher nachgeforscht hätte. Die Richter erinnerten daran, dass nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG im Ordnungswidrigkeitenrecht die Hürde für die Ablehnung von Beweisanträgen niedriger liegt.
Ohne konkreten – fachlich untermauerten – Vortrag wäre damit, so das LG, die Position der Verteidigung wesentlich schwächer gewesen. Das Privatgutachten habe damit zum Freispruch beigetragen, seine Kosten seien daher zu erstatten (Az.: 6 Qs 394 Js 26340/21 (56/23)).