LG Braunschweig: Dieselklage deutschen Inkassodienstleisters für Schweizer Autokäufer unzulässig

Ein nur in Deutschland als Rechtsdienstleister zugelassenes Inkassounternehmen (hier: Financialright GmbH) kann nicht die Schadensersatzforderungen eines Schweizer Dieselkäufers gegen VW geltend machen. Es handele sich dabei um eine schwerwiegende Überschreitung der Befugnis für Inkassodienstleistungen. Daher sei von der Nichtigkeit der Abtretung und infolgedessen vom Fehlen der Aktivlegitimation für die Prozessführung auszugehen, entschied das Landgericht Braunschweig mit Urteil vom 30.04.2020 (Az.: 11 O 3092/19).

Deutsche Inkassodienstleisterin machte Rechte eines Schweizer Dieselkäufers geltend

Gegenstand des Verfahrens war der fiduziarisch abgetretene Anspruch eines einzelnen Schweizer Autokäufers, der in der Schweiz ein Fahrzeug der Beklagten mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 gekauft haben soll. Dieser Anspruch war zuvor aus Praktikabilitätsgründen aus der Ende Dezember 2017 eingegangenen “Sammelklage“, mit der die Klägerin Ansprüche von insgesamt 2004 Schweizern mit einem Streitwert von mehr als 800.000 Euro im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemacht hatte, abgetrennt worden.

LG: Klägerin fehlt wegen Nichtigkeit der Abtretung Aktivlegitimierung

Das Landgericht hat die Klage des Rechtsdienstleisters als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil die zugrundeliegende Abtretung wegen eines Verstoßes gegen § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig sei. Mit dem streitgegenständlichen Geschäftsmodell überschreite die Klägerin die Befugnisse zur Erbringung von Inkassodienstleistungen. Als Folge führe dies zur Nichtigkeit der Abtretung.

Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Schweizer Recht nicht von deutscher Erlaubnis gedeckt

Die Klägerin verfüge über eine deutsche Inkassoerlaubnis und sei entsprechend seit dem 23.10.2014 in Deutschland im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen im ausländischen – Schweizer – Recht durch die Klägerin führt nach Ansicht der Kammer zu einem Wertungswiderspruch, der in der Annahme der Überschreitung der Dienstleistungsbefugnis mündet.

Kenntnisse im Schweizer Recht sind weder geprüft noch nachgewiesen

Im Rahmen des Registrierungsvorganges seien Kenntnisse im Schweizer Recht nicht abverlangt, geprüft und für genügend befunden worden. Dennoch erbringe die Klägerin im Rahmen ihres streitgegenständlichen Geschäftsmodells Rechtsdienstleistungen im Schweizer Recht. Jedenfalls auf die seitens der Klägerin primär verfolgten deliktischen Ansprüche sei schweizerisches Recht anzuwenden.

Schwerer Verstoß gegen das “Grundprinzip“ des Rechtsdienstleistungsgesetzes

Die Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis führe vorliegend zur Nichtigkeit der Abtretung gemäß § 134 BGB. Es handele sich nicht lediglich um einen geringfügigen Rechtsverstoß, bei dem aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise von der Nichtigkeitsfolge abzusehen wäre, sondern um einen als schwerwiegend anzusehenden Verstoß gegen das “Grundprinzip“ des Rechtsdienstleistungsgesetzes.

LG Braunschweig, Urteil vom 30.04.2020 - 11 O 3092/19

Redaktion beck-aktuell, 5. Mai 2020.