Gewogenheit des Betriebsrates erkauft?
Es ging um die Frage, ob drei ehemalige und ein noch heute amtierender Manager zwischen 2011 und 2016 unangemessen hohe Bezüge für besonders einflussreiche Mitglieder der VW-Belegschaftsvertretung freigegeben hatten (Az.: 16 KLs 85/19). Juristisch gesehen lautete der Vorwurf der Ankläger auf Untreue, teils im besonders schweren Fall. Ein Teil des Gewinns sei durch die überzogenen Gehälter vermindert worden, wodurch VW auch weniger Steuern gezahlt habe. Den Schaden für den größten europäischen Autobauer bezifferte die Anklage im Verfahren auf mehr als 5 Millionen Euro. Für Kritiker des Konzerns stand zudem der Verdacht im Raum, die Führung könnte versucht haben, sich die Gewogenheit des Betriebsrates über finanzielle Zuwendungen vor schwierigen Entscheidungen zu sichern.
Verteidiger plädierten auf Freispruch
Unter den Angeklagten waren auch die Ex-Konzernpersonalchefs Horst Neumann und Karlheinz Blessing. Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, alle vier Manager hätten in Bezug auf die Vergütung führender Betriebsräte pflichtwidrig und vorsätzlich gehandelt. Sämtliche Verteidiger hatten hingegen auf Freispruch plädiert. In der Hauptverhandlung war es auch um die Bezüge des langjährigen Ex-Chefs der Belegschaftsvertretung, Bernd Osterloh, gegangen. Er kam in bonusstarken Jahren auf Gesamtvergütungen von bis zu einer Dreiviertelmillion Euro. Als Zeuge im Prozess hatte er betont: "Ich war an keiner Entgeltfindung, die meine Person betrifft, beteiligt."
Streitpunkt: Präzise Regelungen zur Gehaltsbestimmung
Strittig war vor allem, ob es überhaupt verbindliche und hinreichend präzise Regelungen zur Gehaltsbestimmung bei Belegschaftsvertretern gibt. Maßgeblich ist stets eine Abwägung, auf welcher Karrierestufe die jeweilige Person heute stünde, wenn er oder sie sich stattdessen für eine Position im Management entschieden hätte. Das geltende Betriebsverfassungsgesetz enthält nach Auffassung auch mancher Arbeitsrechtsexperten keine eindeutigen Vorgaben zu entsprechenden Vergütungskorridoren oder dazu, welche beruflichen Vergleichsgruppen bei der Einstufung eines leitenden Betriebsrates heranzuziehen sind.