LG Braunschweig: Erbin eines Käfer-Konstrukteurs unterliegt in Urheberrechtsstreit gegen VW

Die Klage der Erbin eines als Konstrukteur an der Entwicklung des ersten Käfers beteiligten Angestellten gegen VW auf weitere Beteiligung nach § 32a UrhG bleibt erfolglos. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 19.06.2019 hervor. Die Kammer verneinte bereits die Urheberrechtsfähigkeit der Zeichnungen des Ur-Käfers als Werk der angewandten Kunst. Gegen das Urteil kann allerdings noch das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden (Az.: 9 O 3006/17).

Weitere Vergütung gefordert

Die Klägerin hat gegenüber dem in Wolfsburg ansässigen Autobauunternehmen geltend gemacht, dass ihr Vater (der 1966 verstorbene Österreicher Erwin Franz Komenda), der ab 1931 bei Porsche gearbeitet hat, der Schöpfer des Ur-Käfers sei und sich sein Werk heute noch in dem VW-Beetle fortsetze. Ihr stehe daher wegen des großen Verkaufserfolges eine weitere Vergütung nach § 32a UrhG (Fairnessausgleich) zu. Aus Verjährungsgründen hat die Klägerin die Klage zuletzt auf die ab 2014 gebauten Fahrzeuge beschränkt.

Beklagte stellt Miturheberschaft in Abrede

Die Beklagte hat unter anderem die Urheber-/Miturheberschaft des Vaters in Abrede gestellt. Sie ist der Ansicht, dass der Ur-Käfer keinen Urheberschutz genieße, da dessen Gestaltung technisch bedingt gewesen sei und auf bekannten Vorbildern aufbaue. Ferner sei die Vorschrift des § 32a UrhG nicht auf Altverträge (also vor Inkrafttreten des UrhG im Jahr 1966) anwendbar.

Vorschrift gilt auch für lange zuvor entstandene Werke

Das LG hat die nach österreichischem Recht zu prüfende Erbenstellung und Berechtigung der Klägerin, urheberrechtliche Ansprüche geltend zu machen, bejaht. Die Kammer hat auch die grundsätzliche Anwendbarkeit des erst 2002 in das Gesetz aufgenommenen § 32a UrhG auf Werke aus den 1930er Jahren angenommen und festgestellt, dass diese Vorschrift auch für Angestellte gelte, die im Rahmen ihres Arbeitsvertrages Werke schaffen.

Kein Schutz als Werk der angewandten Kunst

Für die Frage, ob überhaupt ein nach dem Urheberrecht schutzfähiges Werk vorliegt, hat die Kammer zwei Zeichnungen aus dem Jahr 1934 untersucht, die nach Auffassung der Klägerin von ihrem Vater stammen. Unter Beachtung der damals maßgeblichen strengen Prüfungsmaßstäbe für angewandte Kunst hat die Kammer die Urheberrechtsfähigkeit der Zeichnungen des Ur-Käfers als Werk der angewandten Kunst verneint. Dabei war nach Ansicht des LG insbesondere zu berücksichtigen, dass es zur Zeit der Anfertigung der Zeichnungen bereits zahlreiche Entwürfe gab, die das Konzept des Fahrzeuges mit Heckmotor in stromlinienförmiger Karosse mit herabgezogener Fronthaube und dem in die herabgezogene Motorhaube übergehenden Heck vorweggenommen hatten (Tatra V570, Mercedes Typ 130). Zudem habe die Klägerin auch nicht nachweisen können, dass ihr Vater an dem Entwurf in dem früher von Ferdinand Porsche überreichten Exposé für einen Volkswagen (KdF-Wagen) beteiligt gewesen ist.

VW-Beetle unterfällt zulässiger freier Benutzung

Die Kammer hat zusätzlich geprüft, ob bei unterstellter Schutzfähigkeit der Zeichnungen und des Ur-Käfers der ab 2014 gebaute VW-Beetle eine Bearbeitung (§ 23 UrhG) oder eine freie Benutzung (§ 24 UrhG) dieser aus den 1930er Jahren stammenden Modelle darstellt. Wegen der erheblichen Unterschiede in dem Design hat das Gericht einen übereinstimmenden Gesamteindruck verneint und ist von einer zulässigen freien Benutzung ausgegangen.

LG Braunschweig, Urteil vom 19.06.2019 - 9 O 3006/17

Redaktion beck-aktuell, 21. Juni 2019.