LG Braunschweig: Deutsche See scheitert mit Abgasklage gegen VW

Das Landgericht Braunschweig hat die Abgasklage des VW-Großkunden Deutsche See auf Rückzahlung von Leasingraten und Wartungskosten in Höhe von etwa 12,5 Millionen Euro abgewiesen. Eine rechtlich relevante Täuschung über den Einsatz der Manipulationssoftware habe nicht festgestellt werden können. Daher bestehe kein Recht, die mit VW geschlossenen Leasingverträge anzufechten (Az. 11 O 274/17).

Gut 250 geleaste Fahrzeuge von Abgasskandal betroffen

Die Deutsche See GmbH hatte im Zeitraum 2010 bis 2015 mit der Volkswagen Leasing GmbH 471 Leasingverträge geschlossen. Fast die Hälfte der geleasten Fahrzeuge waren mit einem Motor Typ EA 189 ausgestattet. Dieser Motor wird von einer Software gesteuert, welche die Stickstoff-Emissionswerte auf dem technischen Prüfstand optimiert. Die Deutsche See GmbH klagte gegen VW auf Rückzahlung von Leasingraten sowie Wartungskosten in Höhe von etwa 12,5 Millionen Euro. VW habe ihr im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Jahr 2010 aktiv zu verstehen gegeben, die zu leasenden Fahrzeuge würden die in den USA geltenden strengeren Grenzwerte, zumindest aber die Grenzwerte nach EU 5 auf dem Prüfstand und im normalen Straßenverkehr nicht überschreiten.

LG: Keine aktive Täuschung durch VW

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es ergebe sich weder aus der Darstellung der Vertragsverhandlungen noch aus der vorgelegten geschäftlichen Korrespondenz, dass das beklagte Unternehmen entsprechende Erklärungen ausdrücklich oder konkludent abgegeben habe. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Autohersteller nach den geltenden Vorschriften weder verpflichtet sei, die US-amerikanischen Vorgaben noch die hiesigen Grenzwerte außerhalb des Prüfstandes einzuhalten.

VW musste Klägerin über Manipulationssoftware auch nicht aufklären

Nach Ansicht des LG bestand für VW kein Grund, die Klägerin darüber aufzuklären, dass ein Teil der Fahrzeuge über die streitgegenständliche Software verfügen würde. Eine Aufklärungspflicht sei in diesem Fall weder gesetzlich normiert noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herzuleiten. Zum einen sei der Vertragszweck - die Nutzung der Fahrzeuge - durch den Einbau der Abschalteinrichtung nicht gefährdet. Zum anderen sei für die Beklagten - was auch aus deren Korrespondenz folge - nicht ersichtlich gewesen, dass für die Klägerin das Thema "Nachhaltigkeit" mehr als nur einer von weiteren Nebenaspekten dargestellt habe.

Kein Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage

Das LG sah auch keinen Anlass, die Leasingraten - wie von der Klägerin hilfsweise gefordert - im Wege der Vertragsanpassung nach den Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage rückwirkend zu reduzieren. Dem von der Klägerin insoweit angeführten Gedanken der Nachhaltigkeit lasse sich letztlich nicht durch einen reduzierten Leasingbetrag begegnen. Dem Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage komme kein Strafcharakter zu.

LG Braunschweig, Urteil vom 27.10.2017 - 11 O 274/17

Redaktion beck-aktuell, 30. Oktober 2017.

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