LG Bonn: Angeklagte im TelDaFax-Verfahren zu Bewährungsstrafen verurteilt

Die 9. große Strafkammer des Bonner Landgerichts hat am 01.03.2017 als Wirtschaftsstrafkammer im sogenannten TelDaFax-Verfahren die Angeklagten B. und Dr. K. der Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 1, Abs. 4 InsO) und der Verletzung der Buchführungspflichten (§ 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB) schuldig gesprochen (Az.: 29 KLs 1/14, vormals 27 (a) KLs 1/13). Der Angeklagte B. wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten mit Bewährung verurteilt. Der Angeklagte Dr. K. wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten mit Bewährung verurteilt. In beiden Fällen hat die Kammer angeordnet, dass zwei Monate wegen der langen Verfahrensdauer als bereits vollstreckt gelten.

Beide Angeklagten waren Vorstandsmitglieder der TelDaFax Holding

Beide Angeklagten waren Vorstandsmitglieder der insolventen TelDaFax Holding AG, der Angeklagte B. vom 12.09.2007 bis April 2011 und der Angeklagte Dr. K. vom Februar 2009 bis zur Insolvenzantragsstellung am 14.06.2011 und darüber hinaus. Der Angeklagte B. war ferner von November 2008 bis März 2011 Geschäftsführer der TelDaFax ENERGY GmbH (Tochtergesellschaft der TelDaFax Holding AG). Der Angeklagte Dr. K. war seit Mai 2008 Geschäftsführer der TelDaFax SERVICES GmbH (Tochtergesellschaft der TelDaFax Holding AG).

Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu spät gestellt

Das Gericht sieht es nach einer umfangreichen Beweisaufnahme und insgesamt 109 Verhandlungstagen als erwiesen an, dass die TelDaFax Holding AG und deren Tochtergesellschaft TelDaFax ENERGY GmbH seit Mitte 2009 bis jedenfalls Ende 2009 zahlungsunfähig waren. Die beiden Angeklagten hätten es entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung als Mitglieder des Vorstandes als Vertretungsorgan (§ 15a Abs. 1 InsO) unterlassen, innerhalb der vorgeschriebenen Drei-Wochen-Frist einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der TelDaFax Holding AG bei dem zuständigen Amtsgericht Bonn zu stellen (Vorwurf der Insolvenzverschleppung, § 15a Abs. 1, Abs. 4 InsO). Ein solcher Antrag sei erst am 14.06.2011 vom Angeklagten Dr. K. gestellt worden.

TelDaFax Holding AG seit 25.06.2009 zahkungsunfähig

Die TelDaFax Holding AG haftete laut LG Bonn aufgrund einer Patronatserklärung mit Schuldbeitrittserklärung aus dem Jahr 2008 für die Verbindlichkeiten der TelDaFax ENERGY GmbH. Bei der TelDaFax ENERGY GmbH sei im Laufe des Jahres 2009 ein finanzieller Engpass zu verzeichnen gewesen. Grund hierfür sei insbesondere gewesen, dass die Anzahl der TelDaFax-Kunden 2008 erheblich von rund 80.000 auf etwa 300.000 angestiegen war, wobei überwiegend Verträge mit bis zu dreijährigen Preisgarantien abgeschlossen worden waren. Als dann der Strompreis im Einkauf für die TelDaFax-Gruppe im Verlauf des Jahres 2008 stark angestiegen sei, hätten die wirtschaftlichen Probleme begonnen. Hinzugekommen seien seit Juni 2009 diverse Stromsteuernachforderungen und Zahlungsrückstände. Nach den Feststellungen der Kammer war die TelDaFax Holding AG seit dem 25.06.2009 zahlungsunfähig, weil sie diese fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen konnte. Jedenfalls im Jahr 2009 konnte die sich daraus ergebende Liquiditätslücke nicht geschlossen werden.

Angeklagte wussten von Insolvenzreife

Die Angeklagten seien über diese Umstände auch informiert gewesen, so das LG Bonn. Der Eintritt der Insolvenzreife sei zum einen durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und im Anschluss daran seitens der TelDaFax Holding AG auch dem Hauptzollamt Köln mitgeteilt worden. Zum anderen sei die Insolvenzreife Thema in Besprechungen des Vorstands und des Aufsichtsrats gewesen. Danach habe für alle Beteiligten in der außerordentlichen Vorstandssitzung vom 10.06.2009 festgestanden, dass ab dem 25.06.2009, der Fälligkeit der Stromsteuernachforderung, eine Deckungslücke in Höhe von 24 Millionen Euro besteht und die Gruppe unter Berücksichtigung der Steuerforderung illiquide ist. Auch sei dort erörtert worden, dass für die Vorstände und Geschäftsführer der TelDaFax-Gesellschaften die Pflicht besteht, innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Hierüber hätten die Angeklagten anschließend die Mitglieder des Aufsichtsrats informiert.

Buchführungspflichten durch fehlenden Jahresabschluss verletzt

Daneben sieht es die Kammer als erwiesen an, dass die Angeklagten es 2010 entgegen dem Handelsrecht unterlassen haben, die Bilanz des Vermögens der TelDaFax Holding AG aufzustellen (Vorwurf der Verletzung der Buchführungspflichten, § 283a Abs. 1 Nr. 3b)). Nach dem Handelsrecht sei der Vorstand einer Aktiengesellschaft verpflichtet, zum Ende eines jeden Geschäftsjahres binnen drei Monaten Bilanzen über das Vermögen der Gesellschaft zu erstellen. Die Angeklagten hätten für das Geschäftsjahr 2010 bis zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung noch keinen Jahresabschluss der TelDaFax Holding AG aufgestellt, obwohl dieser bis Ende März 2011 hätte aufgestellt werden müssen.

Verfahren wegen Bankrotts und Betrugs sowie gegen weiteren Angeklagten eingestellt

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft Bonn neben den bereits genannten Verfahren drei Fälle des Bankrott (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7 StGB) und 241 Fälle des gewerbsmäßigen Betruges (§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) angeklagt. Bezüglich dieser Taten hat die Kammer das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft im Hauptverhandlungstermin vom 17.06.2016 gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Neben den beiden nunmehr verurteilten Angeklagten war ursprünglich auch Herr J. – ebenfalls früheres Vorstandsmitglied und im Tatzeitraum Aufsichtsratsmitglied der TelDaFax Holding AG – angeklagt. Bezüglich J. hat die Kammer das Verfahren in der Hauptverhandlung am 16.11.2016 nach Zahlung eines Geldbetrages von 20.000 Euro gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt.

LG Bonn, Urteil vom 01.03.2017 - 01.03.2017 29 KLs 1/14

Redaktion beck-aktuell, 2. März 2017.

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