Kein Nutzungsersatz auf Zinsen und Tilgungen nach Widerruf eines Fernabsatz-Darlehens

In Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat das Landgericht Bonn am 21.01.2021 einem Darlehensnehmer Nutzungsersatz auf Zins- und Tilgungsleistungen nach Widerruf des im Fernabsatz geschlossenen Darlehensvertrages versagt. Das LG hat dazu § 346 BGB teleologisch reduziert.

EuGH: FinFARL steht Nutzungsersatz auf Zins- und Tilgungsleistungen entgegen

Das LG Bonn hatte zunächst den Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren um Auslegung des Art. 7 Abs. 4 der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie (FinFARL) 2002/65/EG gebeten. Art. 7 Abs. 4 FinFARL regelt die Erstattungspflicht des Darlehensgebers im Fall einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages aufgrund eines Widerrufs. Ein Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber ist dort nicht vorgesehen. Der EuGH (BeckRS 2020, 10941) entschied dann, dass die vollharmonisierende FinFARL die Rechtsfolgen des Widerrufs abschließend regelt. Sie stehe daher nationalem Recht entgegen, wonach der Darlehensnehmer bei der Rückabwicklung gemäß §§ 357, 346 Abs. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a. F. Nutzungsersatz auf die von ihm erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen erhalte.

LG: § 346 BGB ist teleologisch zu reduzieren

Nach Auffassung des LG kann der EuGH-Entscheidung durch eine europarechtskonforme Rechtsfortbildung Rechnung getragen werden, indem der Verweis des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. auf die Rücktrittsregeln des § 346 BGB a.F. teleologisch reduziert wird. Das bedeute, dass diese Vorschrift hinsichtlich des nach dem Wortlaut eigentlich geschuldeten Nutzungsersatzes auf die Zins- und Tilgungsleistungen nicht angewendet wird. Im vorliegenden Fall führe dies dazu, dass der Kläger nach wirksamem Widerruf der Darlehensverträge im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses von der beklagten Bank keinen Nutzungsersatz hinsichtlich der von ihm an die Bank erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen verlangen kann.

LG Bonn, Urteil vom 21.01.2021 - 17 O 146/17

Redaktion beck-aktuell, 8. Februar 2021.