Eine Frau in den Fünfzigern erhielt einen Anruf: Eine weibliche Stimme gab vor, ihre Tochter zu sein. Sie habe einen Autounfall mit Todesfolge gebaut und würde nun bei der Polizei festgehalten. Sie gab den Hörer an einen vermeintlichen Kommissar weiter, der der Frau erklärte, dass sie ihre Tochter mit 25.000 Euro auslösen könne. Das Geld müsse aber vor einem Notarbüro hinterlegt werden, weil das Amtsgericht bereits geschlossen sei. Die Angerufene fuhr sofort zur Bank und hob den Betrag am Schalter ab, während sie die gesamte Zeit über den Betrüger am Apparat hatte. Vor lauter Nervosität vergaß sie sogar noch ihre PIN, die sie dann aber noch im Telefon fand. Die Bankfiliale war ihr fremd, ihre eigene Filiale war ebenfalls bereits geschlossen. Anschließend fuhr sie zum Notariat und übergab dem Betrüger vor dem Haus das Geld. Erst auf der Heimfahrt beschlich sie das ungute Gefühl, betrogen worden zu sein. Sie forderte von der Bank Schadensersatz, weil sie meinte, dass die Bankmitarbeiter hätten erkennen müssen, dass sie Opfer einer Straftat war – ohne Erfolg.
Das LG Bonn (Urteil vom 07.08.2024 – 2 O 112/24) wies die Klage ab, weil eine Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Girovertrag nicht erkennbar sei: Wenn eine geschäftsfähige Kundin unter Vorlage ihrer Bankkarte und ihres Ausweises die Auszahlung einer Summe von einem gedeckten Konto verlange, sei die Bank nach § 675g Abs. 2 BGB zur Ausführung des Zahlungsauftrags gesetzlich verpflichtet.
Es gebe zwar Warnpflichten der Bank, aber nur dann, wenn massive Verdachtsmomente für eine Straftat offen zu Tage treten. Allein die Nervosität der Kundin oder ihr Vergessen der PIN gehöre sozusagen zum Alltag des Schalterpersonals. Auch die Höhe der Summe begründet den Bonner Richterinnen und Richtern zufolge keine besondere Prüfpflicht der Bank, da sie dort persönlich unbekannt war und auch schon vorher über hohe Summen verfügt hatte. Das LG betonte, dass der Schaden nicht mit der Abhebung, sondern erst mit der persönlichen Übergabe vor dem Notariat entstanden war.