LG Berlin: Österreich zuständig für Insolvenzverfahren über Vermögen der NIKI Luftfahrt GmbH

Das Landgericht Berlin hat auf die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung über das Vermögen der NIKI Luftfahrt GmbH einen Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 13.12.2017 aufgehoben. Zur Begründung hieß es, die internationale Zuständigkeit liege nicht in Deutschland, sondern in Österreich. Zugleich hat das Landgericht die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen (Beschluss vom 08.01.2018, Az.: 84 T 2/18).

Internationale Zuständigkeit richtet sich nach Interessenschwerpunkt

Zur Begründung seiner Entscheidung hat sich auch das Landgericht mit der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit auseinandergesetzt, die sich an dem Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen ("Center of Main Interest", kurz COMI) der Schuldnerin orientiert. Nach den Vorschriften der Europäischen Insolvenzverordnung sei dies der Ort, an dem die Schuldnerin gewöhnlich der Verwaltung ihrer Interessen nachgehe und der für Dritte feststellbar sei.

Sitz in Österreich

Da die Schuldnerin ihren Sitz in Österreich habe, werde vermutet, dass dort auch der Mittelpunkt ihrer Interessen liege, so das LG weiter. Wenn diese Vermutung widerlegt werden solle, seien hohe Anforderungen zu stellen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bedürfe es dafür objektiver und für Dritte erkennbarer Umstände, die belegen, dass sich der Ort der Hauptverwaltung nicht am Ort des satzungsmäßigen Sitzes befinde. Die verschiedenen Faktoren seien in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen. Vorliegend könne aufgrund der von der Schuldnerin einerseits und der Beschwerdeführerin andererseits vorgetragenen Argumente nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, dass sich der COMI tatsächlich in Deutschland befinde. Vielmehr sei kein einheitliches Bild erkennbar, so dass es nicht gerechtfertigt sei, die Vermutungswirkung zu widerlegen.

Ort der wesentlichen Geschäftsaktivitäten kein allein maßgebliches Kriterium

Denn der Ort, von dem aus die wesentlichen Geschäftsaktivitäten der Schuldnerin gesteuert würden, nämlich Berlin, sei kein allein maßgebliches Kriterium. Auch der Umstand, dass Air Berlin praktisch der einzige Kunde gewesen und damit der Umsatz vor allem in Deutschland erwirtschaftet worden sei, sei nicht automatisch prägend. Für den COMI in Österreich spreche, dass die Schuldnerin Büros auch in Wien unterhalte, in denen unter anderem die Finanzbuchhaltung geführt werde. Ebenso liege der Ort der zuständigen Aufsichtsbehörde in Wien, da die Schuldnerin über eine österreichische Betriebsgenehmigung verfüge und die Lufttüchtigkeit der Flugzeuge von dort aus überwacht werde. Zudem unterlägen die von der Schuldnerin geschlossenen Arbeitsverträge zu rund 80% dem österreichischen Arbeitsrecht.

Schuldnerin geht wohl auch von COMI in Österreich aus

Schließlich weise auch das eigene Verhalten der Schuldnerin darauf hin, dass sie von einem COMI in Österreich ausgehe, so das Gericht weiter. So habe sie ihre Gläubiger und die Öffentlichkeit nicht davon unterrichtet, ihren COMI nach Deutschland verlegt zu haben. Weiterhin habe sie in einem Insolvenzeröffnungsverfahren, das seit einigen Monaten auf Antrag eines Gläubigers vor dem Landgericht Korneuburg (Az.: 35 Se 323/17k) in Österreich geführt werde, dort nicht den Einwand erhoben, dass in Österreich die internationale Zuständigkeit fehle.

LG Berlin, Beschluss vom 08.01.2018 - 84 T 2/18

Redaktion beck-aktuell, 9. Januar 2018.