Ein Mann hatte sich auf der Allgäuer Festwoche stark betrunken und wurde in der Nacht mit erheblichen Verletzungen an Schädel, Brustkorb und Becken neben einer 2,5 Meter hohen Felsensteinmauer gefunden, die den Höhenunterschied zwischen dem Gehweg und dem darüber befindlichen Garten eines Wohnhauses ausglich. Mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,33 ‰ wurde er in eine Klinik eingeliefert, wo er mehrfach operiert werden musste.
Der mittlerweile erwerbsunfähige Mann behauptete, Opfer einer Straftat geworden zu sein: Er sei von einem Unbekannten angefahren worden. Da er diesen nicht belangen konnte, wandte er sich mit seiner Entschädigungsforderung an den Verein Verkehrsopferhilfe e.V., der ihm allerdings einen Korb gab. Dieser tritt als Träger der Entschädigungsfonds für Schäden ein, die durch den Gebrauch eines nicht zu ermittelnden Fahrzeugs entstanden sind. Hier gebe es aber keinen Beleg dafür, dass ein Kraftfahrzeug involviert gewesen sei. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er beim Versuch, über den noch auf der Mauer angebrachten Zaun zu klettern, von der Gartenmauer gefallen sei. Bei einer BAK zwischen 2 und 3‰ neige man zu starken Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen. Zudem sei das Reaktionsvermögen stark herabgesetzt. Seine Klage auf ein angemessenes Schmerzensgeld – nach seiner Vorstellung nicht unter 200.000 Euro – scheiterte.
Keine Beweiserleichterungen
Nach Ansicht des LG Berlin II konnte der Mann keine Zahlung des Schmerzensgelds nach § 7 Abs. 1 StVG (Haftung des Halters), § 12 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 S. 1 PflVG (Leistungspflicht des Entschädigungsfonds), § 253 Abs. 2 BGB verlangen (Urteil vom 11.01.2024 – 44 O 282/22). Das Gericht war nach getaner Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass die Verletzungen von einem Auto oder einem Anhänger stammten. So habe die Sachverständige in ihrem schriftlichen Gutachten logisch nachvollziehbar und überzeugend dargestellt, dass die Verletzungen mit einem Sturz von der Mauer sehr gut vereinbar seien.
Laut LG profitiere der Verunglückte dabei von keinerlei Beweiserleichterungen, auch wenn er sich – nach der behaupteten Unfallflucht – angesichts des unbekannt gebliebenen anderen Fahrers in besonderer Beweisnot befinde. Damit müsse nach dem Maßstab von § 286 ZPO die Verursachung durch ein Kfz bewiesen werden. Das Gericht rechnete dem Verletzten vor, dass die Fallgeschwindigkeit bei einem Sturz aus dieser Höhe auf den harten Asphalt ausreiche, um auch schwerere Verletzungen herbeizuführen. Dafür spräche im Übrigen auch, dass die schweren Blessuren einseitig auf der linken Körperseite des Manns konzentriert gewesen seien. Bei einem Verkehrsunfall wären sie – da es sich um ein dynamisches Geschehen handle – höchstwahrscheinlich auf beiden Seiten aufgetreten.