Bei Kindern von Prominenten sticht der Minderjährigenschutz nicht grundsätzlich die Pressefreiheit aus. Durch die Veröffentlichung ihres Geburtsdatums sei das Persönlichkeitsrecht von Helene Fischers Tochter nur "in einem Randbereich" betroffen, während die Öffentlichkeit ein "erhebliches Interesse" an der Information gehabt habe, meint das LG Berlin II. Das Gericht erteilte der gerade einmal vierjährigen Klägerin damit eine Absage: Ihr Geburtsdatum durfte in einer Zeitung gedruckt werden (Urteil vom 10.06.2025 – 27 O 17/25)
Im Juni 2023 wurde bekannt, dass Schlagersängerin Helene Fischer den Luftakrobaten Thomas Seitel geheiratet hatte – eine Woche vor der Geburt der gemeinsamen Tochter. Diverse Medien berichteten darüber, vielfach unter Nennung des vollen Namens und Geburtsdatums des Mädchens. Im Namen ihrer Tochter wehrten sich die Eltern gerichtlich gegen die Nennung des Geburtsdatums, zunächst vor dem LG Berlin, das die Veröffentlichung einiger Artikel untersagte. Im Januar 2025 folgten eine weitere Klage, dieses Mal gerichtet auf eine (zukünftige) Unterlassung. Ihre Tochter habe ein Recht darauf, unbeobachtet von der Öffentlichkeit aufzuwachsen, forderten Fischer und ihr Mann. Eine Veröffentlichung des Geburtsdatums könne für das Kind etwa ungebetene Besuche oder Geschenksendungen zum Geburtstag mit sich bringen und somit erheblich in seine Privatsphäre eingreifen. Das LG Berlin II sah indes keinen grundsätzlichen Vorrang des Minderjährigenschutzes und nahm stattdessen eine Abwägung im Einzelfall vor – zulasten des Kindes.
Privatsphäre von Kindern geht nicht grundsätzlich vor
Die Zivilkammer 27 betonte, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber der Meinungs- und Pressefreiheit auch bei Minderjährigen nicht grundsätzlich vorgehe. Zwar hätten Kinder ein besonderes Recht auf die ungehinderte Entfaltung der "sich entwickelnden Persönlichkeit", das je nach Entwicklungsphase stärker zu schützen sei als bei Erwachsenen. Dennoch sei es eine Frage des Einzelfalls, ob es die Pressefreiheit überwiege.
Für die Seite der Presse spreche hier ein "erheblich öffentliches Informationsinteresse". Die Kammer stellte klar, dass die Pressefreiheit nicht nur "wertvolle" Informationen schütze, sondern auch Inhalte der Unterhaltungs- und Sensationspresse. Solche Mitteilungen befriedigten nicht nur das Bedürfnis der Leserinnen und Leser nach oberflächlicher Unterhaltung, sondern böten auch eine "Leitbild- und Kontrastfunktion". Die Leserschaft vergleiche die eigenen Lebensentwürfe mit dem Dargestellten, anhand dessen sich Zustimmung oder Ablehnung gegenüber bestimmten Wertvorstellungen kristallisieren könne (so schon BGH, Urteil vom 28.10.2008 – VI ZR 307/07). Als eine der erfolgreichsten Personen ihres Bereichs trage Helene Fischer über ihre Leitbild- und Kontrastfunktion gerade zu jener öffentlichen Meinungsbildung bei. So sei etwa die Information über die kurz vor der Geburt liegenden Hochzeit "Ausdruck eines tradierten Familienbildes" bzw. eines "Bedürfnisses rechtlich-organisatorischer Absicherung", welches das Publikum mit dem eigenen Leben abgleichen könne.
Geburtsdatum nur im Randbereich des Persönlichkeitsrechts
Damit bestehe ein öffentliches Informationsinteresse. Ob es hierfür des konkreten Datums der Geburt bedurft habe, sei nicht von Gerichten zu überprüfen – die Konkretisierung liege als publizistisches Mittel ausschließlich im Ermessen der Presse.
Die Veröffentlichung des Geburtsdatums betreffe das Persönlichkeitsrecht aber nur in einem Randbereich. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern dadurch das unbefangene Aufwachsen beeinträchtigt sei. Das Geburtsdatum sei lediglich für das Selbstbild eines Kindes relevant und im Übrigen keine sensible Information. Die befürchteten Besuche und Geschenksendungen seien, soweit ersichtlich, lediglich theoretisch möglich und würden überdies auch noch zusätzliche Informationen über den Aufenthaltsort erfordern. Den Einwand, Fischers Tochter werde dadurch im Vergleich zu anderen Kindern zu "etwas Besonderem", ließ die Kammer dabei nicht gelten. Als Kind einer sehr prominenten Mutter könne man nicht vollständig davor geschützt werden, als "besonders" wahrgenommen zu werden.