Keine 5.000 Euro Streitwert für schlechte Sterne-Bewertungen

"Über Geschmack lässt sich nicht streiten" sagt das LG Berlin II und erklärte, dass es den von einem Restaurant angegebenen Streitwert von 5.000 Euro für schlechte Online-Bewertungen auf einer Plattform nicht nachvollziehen könne.

Die Berliner Restaurantbetreiberin wollte schlechte Bewertungen auf einer Online-Plattform nicht auf sich sitzen lassen. Ein Gast etwa hatte offenbar wenig Gefallen an seinem Besuch gefunden und unter anderem kommentiert: "Gar nicht meins. Salz-Pfeffer-Verhältnis hat überhaupt nicht gepasst." Die Gastronomin wollte der Plattform die weitere Veröffentlichung der von Dritten vorgenommenen "Sterne"-Bewertungen ihres Unternehmens untersagen lassen. 

Die Richterinnen und Richter am LG Berlin II wiesen ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unzulässig und unbegründet zurück. Zum einen sei der Zuständigkeitswert von 5.000 Euro nicht erreicht worden, zum anderen sei kein Verfügungsanspruch gegeben (Beschluss vom 07.08.2025 – 27 O 262/25 eV). 

Streitwert zu niedrig, Amtsgericht zuständig – Geringe Eingriffsintensität

Das Gericht stellte zunächst klar, dass der Antrag schon unzulässig ist, weil der Streitwert unter der Schwelle von 5.000 Euro liegt. Maßgeblich für dessen Höhe sei nicht die pauschale Angabe der Antragstellerin, sondern die nachvollziehbare Darlegung konkreter wirtschaftlicher oder immaterieller Beeinträchtigungen. Diese fehlten hier allerdings. Das Unternehmen müsse genau darlegen, wie es auf den genannten wirtschaftlichen Schaden komme. Dabei sei zu bedenken, dass es sich bei der Bewertung von Restaurants mittlerweile um ein "Alltagsphänomen" handele, das wesentlich vom subjektiven Geschmacksempfinden des Einzelnen beeinflusst und bezogen auf einzelne Bewertungen in einer größeren Menge von unterdurchschnittlicher Bedeutung sei.

Zudem, so das LG weiter, sei bei gastronomischen Bewertungen im digitalen Raum das Maß der Persönlichkeitsrechtsverletzung im Allgemeinen als unterdurchschnittlich einzustufen. Der verständige Nutzer erkenne in der Sterne-Vergabe eine rein subjektive (“de gustibus non est disputandum“) Meinungsäußerung – und nicht etwa eine überprüfbare Tatsachenbehauptung. Im Ergebnis sei daher ein Streitwert von 5.000 Euro nicht erreicht und das Amtsgericht sachlich zuständig (§ 937 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 3 ZPO).

Keine haftungsbegründende Kenntnis nach dem Digital Services Act

Aber auch in der Sache sah das Gericht kein Land für die Gastronomin und verneinte einen Unterlassungsanspruch. Die Plattformbetreiberin hafte nicht als mittelbare Störerin für die Bewertung ihrer Nutzer, da sie keine in zumutbarer Weise erlangte Kenntnis von den behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzung habe (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, Art. 2 Abs. 1 GG). Die Restaurantbetreiberin habe das von der Plattform eingerichtete Melde- und Abhilfeverfahren nach Art. 16 Digital Services Act (DSA) nicht genutzt.

Das LG betonte: Seit Inkrafttreten des DSA reiche eine bloß formlose Mitteilung nicht mehr aus. Kenntnis im Sinn von Art. 16 Abs. 3 DSA könne nur dann angenommen werden, wenn der Betroffene das von der Plattform bereitgestellte Melde- und Abhilfeverfahren nutze. Der Hinweis auf das Verfahren im Impressum oder in einem Drei-Punkte-Menü in unmittelbarer Nähe zur Bewertung genüge dabei den Anforderungen an Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit nach Art. 16 Abs. 1 und 2 DSA. Die Restaurantbetreiberin habe keine Meldung nach diesen Vorgaben eingereicht, somit der Plattform keine zurechenbare Kenntnis verschafft.

LG Berlin II, Beschluss vom 07.08.2025 - 27 O 262/25

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. August 2025.

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