Ein Berliner Arzt ist in einem Prozess um Sterbehilfe
freigesprochen worden. Der 68-Jährige habe einer 44 Jahre alten und
unheilbar kranken Patientin bei ihrem Suizid geholfen, sich dabei
aber nicht strafbar gemacht, entschied das Landgericht am 08.03.2018.
Dem Arzt sei kein "aktives Tun" nach Eintritt der Bewusstlosigkeit
der Patientin vorzuwerfen. Auch das Unterlassen von Rettungsmaßnahmen
sei nicht strafbar gewesen. "Der Patientenwille ist zu achten", sagte
die Vorsitzende Richterin. Die Staatsanwaltschaft hatte eine
Geldstrafe von 18.000 Euro wegen versuchter Tötung auf Verlangen, die
Verteidigung Freispruch beantragt.
Patientin litt unter unheilbarer Reizdarmerkrankung
Der damalige Hausarzt hatte die Patientin im Februar 2013 auf ihren
Wunsch hin bei ihrem Suizid unterstützt und ihr ein starkes
Schlafmittel verschrieben. Die Frau litt seit ihrer Jugend an einer
chronischen, nicht heilbaren und schmerzhaften Reizdarmerkrankung.
Sie hatte mehrfach versucht, sich das Leben zu nehmen.
Frau nahm Medikament allein ein
Unumstritten war im Prozess, dass die 44-Jährige die tödliche Dosis
allein einnahm. Kurz danach hatte sie ihren Arzt per Handy-Nachricht
informiert. Er fand die Frau nach eigenen Angaben in einem tiefen
Koma vor und sah in den folgenden Stunden mehrfach nach ihr. Sie
starb etwa drei Tage nach der Einnahme einer laut Gutachten mehrfach
tödlichen Dosis.
Sterbehilfe als Dienstleistung strafbar
Aktive Sterbehilfe ist hierzulande verboten, die Hilfe bei der
Sebsttötung hingegen nicht. Zulässig ist es zum Beispiel, ein tödliches
Medikament bereitzustellen, das der Betroffene selbst einnimmt. Auch
passive Sterbehilfe wie der Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen ist
erlaubt. Strafbar ist es in Deutschland jedoch, Sterbehilfe als
Dienstleistung anzubieten.
LG Berlin, Urteil vom 08.03.2018
Redaktion beck-aktuell, 9. März 2018 (dpa).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Miranowicz, Die Entwicklung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und seine Bedeutung für die Patientenautonomie, MedR 2018, 131
Weilert, Suizid und Suizidassistenz als Rechtsproblem, MedR 2018, 76
Brade/Tänzer, "Der Tod auf Rezept?", NVwZ 2017, 1435
Jansen, Der einsame Weg zum Suizid, GuP 2017, 161
Schütz/Sitte, Sterben-Dürfen an der Grenze der Verhältnismäßigkeit, NJW 2017, 2155
Aus dem Nachrichtenarchiv
BVerfG weist erste Verfassungsbeschwerden gegen Sterbehilfe-Verbot ab, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 28.07.2017, becklink 2007413
Kritik und Lob für Sterbehilfe-Entscheidung des Bundestages, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 09.11.2015, becklink 2001602
Bundestag beschließt Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 06.11.2015, becklink 2001584