Ein 85-jähriger Mann lebte seit seiner Geburt in einer Mietwohnung, die modernisiert werden sollte. Im September 2021 wurde der Mieter per Gerichtsurteil verpflichtet, mehrere Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten zu dulden und den von seiner Vermieterin beauftragten Handwerkern Zutritt zur Wohnung zu gewähren. 2023 forderte ihn die Vermieterin dann mehrmals auf, die Wohnung zu räumen. Die Immobilie sei während der Bauphase nicht bewohnbar. Der Mieter weigerte sich. Er sei zwar zur Duldung und Zutrittsgewährung, nicht aber zur vorübergehenden Räumung verurteilt worden. Die Vermieterin nahm dies zum Anlass, das Mietverhältnis zu kündigen, und erhob Räumungsklage.
Was bedeutet der mietrechtliche Begriff "Duldung"?
Erfolg hatte sie damit nicht: Das LG Berlin II schloss sich der Argumentation des Mieters an (Urteil vom 22.10.2024 – 65 S 139/24, rechtskräftig). Der im Gesetz verwendete Begriff der Duldung erfasse kein aktives Handeln. Er beschränke sich auf ein passives Zulassen der Maßnahmen und die Zutrittsgewährung. Eine Räumung des Mietobjekts könne nur ausnahmsweise verlangt werden, etwa wenn die Arbeiten bei einem baufälligen Gebäude nicht anders erledigt werden könnten. Dafür gebe es hier keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus betonte das Gericht die Rücksichtnahmepflicht des Vermieters gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Danach müsse der Vermieter bei der Planung und Durchführung von Bauarbeiten auf die besonderen Bedürfnisse des Mieters, wie Alter und Gesundheit, Rücksicht nehmen. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Vermieter pflichtwidrig handele, wenn bauliche Veränderungen so durchgeführt werden, dass sie zu unnötigen und erheblichen Belastungen des Mieters führen, vgl. § 559d Satz 1 Nr. 3 BGB.
Die Rücksichtnahmepflicht bestehe unabhängig davon, ob der Mieter fristgerecht einen Härteeinwand nach § 555d Abs. 2 BGB geltend gemacht hat. Der Härteeinwand könne bereits die Duldungspflicht des Mieters ausschließen; das Rücksichtnahmegebot betreffe Pflichten des Vermieters bei bestehender Duldungspflicht.