Leitplanken für Computerautos – Dobrindt-Entwurf ist umstritten

Ein Gesetz für von Computern gesteuerte Autos nimmt langsam Form an. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte seine Pläne (BR-Drs. 69/17) am 10.03.2017 in den Bundestag eingebracht. Haftungsfragen würden gelöst, kündigte Dobrindt an: "Wenn der Computer fährt, dann haftet am Schluss der Hersteller." Zeitgleich beriet der Bundesrat über den Entwurf. Während die Auto-Lobby den Entwurf im Januar lobte, regen sich nicht nur in der Länderkammer Bedenken.

Erste Systeme existieren bereits: Gesetzentwurf besonders eilbedürftig

Die Änderung im Straßenverkehrsgesetz soll die Zulassung von Autos ermöglichen, bei denen technische Systeme für eine bestimmte Zeit die Steuerung übernehmen. Der Fahrer soll dann die Hände vom Steuer nehmen können – etwa um im Internet zu surfen. Die "Rückübernahme" des Lenkrads wird dann vorgeschrieben, wenn der Computer dazu auffordert oder wenn die automatisierte Fahrfunktion gestört wird, zum Beispiel durch einen geplatzten Reifen. Zum reinen Fahrgast kann der Autofahrer also noch nicht werden. Für Nachweise in Zweifelsfällen muss das automatisierte Fahrzeug einen Datenspeicher haben – ähnlich der "Blackbox" bei Flugzeugen. Der Gesetzentwurf wird zeitgleich in Bundestag und Bundesrat eingebracht, weil er als besonders eilbedürftig gilt. Denn erste technische Systeme, mit deren Hilfe das Auto die Kontrolle übernimmt, wie Einparkhilfen, Stau- und Spurhalte-Assistenten oder Bremshilfen sind bereits auf dem Markt.

Bundesrat fordert weitere klärende Regelungen

Dem Bundesrat geht der Entwurf nicht weit genug. Ein von der Bundesregierung auf den Weg gebrachter Entwurf bilde "keine ausreichende Grundlage für die rechtlich sichere wie auch wirtschaftliche Nutzung der Technologie", heißt es in der am 10.03.2017 beschlossenen Stellungnahme. Risiken würden in hohem Maße auf die Fahrer abgewälzt. Nötig seien etwa klarere Definitionen, wann und wie der Mensch das Steuer wieder selbst von automatisierten Systemen übernehmen müsse.

Verbraucherschützer beklagen Haftung ohne Verantwortung

Auch Verbraucherschützer sehen noch zu viel Verantwortung beim Fahrer: Es dürfe nicht vollmundig mit Autopiloten geworben werden, wenn am Ende der Fahrer diesen ständig überwachen müsse. Die betroffenen Fahrfunktionen dürften auch nicht in mehrere hundert Seiten dicken Handbüchern versteckt werden, sondern müssten intuitiv zu bedienen sein. Das Gesetz müsse dazu Vorgaben wie zum Beispiel ein verpflichtendes Produktinformationsblatt machen. Auch die Weitergabe von Daten sei bislang "zu weitgehend und konturlos" gefasst. Die Speicherung der Fahrdaten in einer Blackbox über drei Jahre hält der Verbraucherzentrale Bundesverband für zu lang.

Bundesdatenschutzbeauftragte fordert genauere Regelungen zum Datenschutz

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff warnt vor der Einführung eines elektronischen Fahrtenschreibers für private Autos durch die Hintertür. So lege der Entwurf nicht fest, welche Fahrdaten konkret gespeichert werden dürften. Der Gesetzgeber solle regeln, welche Daten über welchen Zeitraum aufgezeichnet würden, wer auf diese Daten Zugriff erhalte und zu welchen Zwecken sie genutzt werden dürften, fordert die Datenschützerin.

ADAC und Versicherer streiten um Haftung

Dem ADAC bringt das Gesetz in der derzeitigen Form zu wenig Rechtssicherheit. "Derzeit müssten im Zweifel noch Gerichte entscheiden – mit möglicherweise ganz unterschiedlichen Auslegungen", sagt ADAC-Geschäftsführer Alexander Möller. Das Haftungsrisiko für die Fahrzeughalter wäre entsprechend groß. Stattdessen will Möller die Autobauer stärker in die Pflicht nehmen. Die Versicherer halten das im Gesetz niedergelegte Haftungssystem mit viel Verantwortung für den Fahrer unterdessen für richtig. So würden Opfer von Verkehrsunfällen umfassend geschützt. Aus ihrer Sicht müsste aber noch präzisiert werden, wie bereit der Fahrer sein muss, um die Kontrolle zu übernehmen. Auch die technischen Anforderungen hierfür müssten konkretisiert werden.

Verkehrsrechtler: Autopilot-Einsatz steht Fahrerhaftung entgegen

Beim deutschen Verkehrsgerichtstag (VGT) war automatisiertes Fahren schon vor zwei Jahren Thema. Die Empfehlungen hätten nichts an Aktualität verloren, sagt VGT-Präsident Kay Nehm. Damals hatten die Verkehrsrechtler klare Regelungen für verkehrsfremde Tätigkeiten - wie zum Beispiel Lesen oder E-Mails-Schreiben – gefordert. Außerdem sollte der Fahrer selbst entscheiden, ob er solche Systeme nutzen möchte und jederzeit durchschauen können, in welchem Zustand sich sein Fahrzeug befinde. Beim Einsatz von Autopiloten sehen die Verkehrsrechtler den Fahrer nicht mehr in der Haftung. Das müsse sicher dokumentiert werden.

Redaktion beck-aktuell, Annika Grah, 13. März 2017 (dpa).

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