Landrat stoppt Abschiebung: Kinder aus Vietnam dürfen vorerst bleiben

Der Kreis Ostholstein in Schleswig-Holstein hat eine zuvor geplante Abschiebung von vier Kindern einer im Oktober 2022 getöteten Frau nach Vietnam ausgesetzt. Es werde zunächst keine aktive Rückführung seitens des Kreises vollzogen, sagte Landrat Timo Gaarz am Mittwoch.

Der Vater der Kinder hatte im Oktober 2022 vor den Augen seines Nachwuchses seine Ehefrau getötet. Er sitzt seitdem im Gefängnis, die Kinder im Alter von zwei, vier, acht und zwölf Jahren leben in drei Pflegefamilien. Auf Anordnung des Kreises Ostholstein sollten die Kinder eigentlich nach Vietnam abgeschoben werden, weil ihr Aufenthaltsrecht an das der Mutter gekoppelt war.

Landrat Gaarz sprach von einer Einzelfallentscheidung. Die besondere Situation der vier Kinder habe er nicht in der Rechtsordnung wiedergefunden. "Ich habe aber für mich festgestellt, dass ich diese besondere Familiensituation auch anders bewerten muss."

Erleichterung nach Entscheidung

Mehr als 71.000 Menschen hatten eine Online-Petition gegen die zunächst geplante Abschiebung der Kinder unterzeichnet. Laut früheren Aussagen von Matthias Steinebach, einem der Pflegeväter, haben die Kinder übereinstimmend erklärt, nicht nach Vietnam zurückzuwollen. Bis auf die Zwölfjährige spreche keines der Kinder Vietnamesisch und habe die Verwandten in dem asiatischen Land noch nie gesehen.

Ein weiterer Pflegevater reagierte erleichtert auf die Entscheidung des Landrats. "Für uns als Pflegeeltern bedeutet diese Entscheidung, diese Einzelfallentscheidung von dem Landrat, dass die Kinder erst einmal sicher sind, bis das Familiengericht entschieden hat, wie die Zukunft der Kinder aussehen wird", sagte Hans Kemeny. Dies sei eine immense Erleichterung sowohl für die Kinder als auch für die Pflegefamilien.

Er sei froh, dass die Kinder nun nicht mehr einfach abgeschoben werden, sondern ein ordentliches Verfahren folge, sagte Kemeny. "Wo wir die Argumente vorführen können, die Dinge, die dafürsprechen, dass die Kinder hier in Deutschland verbleiben sollen. Und da bin ich sehr, sehr zuversichtlich, dass das auch stattfinden wird."

Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) begrüßte das Vorgehen des Landrats. "Für die Kinder und die Familie ist die Entscheidung des Landrats sicherlich erleichternd", sagte sie. "Es macht auch deutlich, dass Rückführungen immer mit besonderen Härten für die Betroffenen verbunden sind." Ihr Ministerium will im engen Austausch mit den zuständigen Kreisbehörden bleiben, um die Situation der Beteiligten möglichst umfassend aufzuklären.

Redaktion beck-aktuell, ak, 7. September 2023 (dpa).